Karibischer

Schweinekram

oder

Die nabellose Gesellschaft

Eine prosaische Anhäufung von

Bernd Schmidt

© by Bernd Schmidt, Graz 2013.

(ENDFASSUNG: 2015)

Wie hässlich ist Geld, das man nicht hat!

Joseph Roth, Die Flucht ohne Ende.

*

dass dies alles eben darum in einer Art wahr ist,

weil es in einer Art falsch ist.

Egon Friedell, Kulturgeschichte der Neuzeit;

vorangestelltes Zitat des Augustinus

*

Übrigens sind nicht alle Menschen

der humoristischen Einstellung fähig …

Sigmund Freud, Der Humor

*

Der Coup.

Woher sein Reichtum stammte, wusste man nicht. Ja, nicht einmal, dass er tatsächlich über Geld verfüge, galt als erwiesen. Immerhin – er machte Geschäfte. Gute Geschäfte. Für ihn zumindest schienen sie gut zu laufen. Die längste Zeit. Ohne nennenswerte Reibungsverluste. Und wenn ihm seine Geschäfte bisher auch nicht zu unermesslichem Reichtum verholfen hatten, sein Auskommen schien er allemal zu finden. Bequem und weitgehend sorgenfrei.

Zuletzt würde dann freilich alles anders ausgehen; anders und nicht wie es ursprünglich geplant gewesen war; wenn man es denn überhaupt so genau vorhersehen hätte können …

Vermutlich war einiges zudem a priori dem Zufall überlassen worden. Für das Unvorhergesehene hatte es also immer noch genügend Platz und Gelegenheit gegeben. Doch wie hätte er das Spätere erahnen können?! (Freilich: Was, wenn nicht das Spätere, sollte man überhaupt erahnen? Das, was man ohnedies schon wusste, sicherlich nicht.)

Ohne Zweifel wäre sein Lebensweg ansonsten wohl in völlig anderen Bahnen verlaufen.

Indes freilich –

Das Geschäftsprinzip hatte er schon durch Jahre entwickelt und ständig weiter perfektioniert. Im Nachhinein konnte er sich allerdings an die Zeit, in der ihm das Internet noch nicht für seine krummen Dinger zur Verfügung gestanden war, gar nicht mehr so recht erinnern … Jetzt freilich war alles längst fast ein Kinderspiel, was er da so trieb – und wie er es tat.

Maximilian Cicero Borneo hatte, gleichsam als ersten operativen Schritt und über eine fiktive E-Mail-Adresse, die ihrerseits aussah, als gehöre sie zu einer Briefkastenfirma mit Sitz in Nassau, Bahamas, sich selbst – das war wohl der Clou! – eine Summe in mehrfacher Euro-Millionenhöhe avisiert. Die Scheinfirma plus Scheinadresse und das E-Mail-Konstrukt zahlten ihm zwar in Wirklichkeit keinen Cent aus (woher auch …); doch täuschten sie eine gewisse – wenn auch bloß: scheinbare – Rechtssicherheit vor.

Mittels dieses Quasi-Zertifikats akquirierte Maximilian C. Borneo dann sukzessive zum Schein Gelder – bei irgendwelchen Privat-Personen, auch bei Firmen und Trusts sowie bei (noch) exotischeren Finanz-Konstrukten. Und zu zahlen war – bis hierher – in der Tat nichts. Das gehörte quasi zum Wunderbaren des Systems.

Da die Geld-Geber jedoch in Wirklichkeit gar keine waren und auch nichts bezahlen mussten, verfügten sie im Gegenzug dann bloß über fiktive Zahlungsbestätigungen. Und das als Beschenkte – sei es als Erben, als Berechtigte nicht-existenter Lotteriegewinne oder sonst wie als Begünstigte irgendwelcher Luft-Geschäfte, je nachdem. An ihnen sollte sich, im Falle eines Falles, dann allerdings die Finanz schadlos halten; was die möglicherweise später Betroffenen ihrerseits freilich wiederum nicht wussten …

Kurz: Einer legte im wahrsten Wortsinn für den anderen Zeugnis ab.

Es musste dabei, wie gesagt, kein Geld fließen. (Wie denn auch?! Und: Wer hätte überhaupt welches gehabt?! Wer welches ausgeben wollen?!) Kapital kam also von den die Geschäfte Betreibenden – von Borneo und seinen Geschäftspartnern – keines. Das steuerten die letztlich übers Ohr zu hauenden Klienten bei: in aller Regel stockdumme, aber reale Finanziers. Auch von verschiedenen Institutionen, Konsortien und nicht selten von Staaten – und, unter besonders delikaten Umständen: sogar von der Finanz selbst – kam die Marie.

Warum er überhaupt solche, nicht so ganz Rechts-konforme Geschäfte machte? Nun, er war dazu gekommen – nein, nicht wie die Jungfrau zum Kind; so naiv war er nicht. Es hatte sich eben – ergeben. Ganz einfach. Ob er sich tatsächlich bewusst der Karriere eines Gauners auf höherer Finanzebene zugewandt hatte, bleibt dabei fraglich (und ist eigentlich auch irrelevant). Immerhin war ihm von Jugend an sukzessive klar geworden, ganz bestimmt nicht so werden zu wollen wie sein Vater Eugen Erasmus Borneo, dieser moralisch aufrechte, aber letztlich arme Schlucker. Dieser Mann von Charakter, aber ohne echte Chancen im Leben.

Dann nahm er sich schon lieber seinen Freund und Kollegen aus Volksschulzeiten zum Vorbild, Karl Roßmann – der hieß tatsächlich wie Kafkas Romanheld („Amerika“, 1927) und wanderte wie dieser in die Vereinigten Staaten aus. Und während Borneos Roßmann nicht glaubte, die lang ersehnte Freiheitsstatue strecke mit ihrer Rechten ein Schwert in die Höhe (in Wahrheit hält sie bekanntlich eine Fackel), er sich auch nicht eines von ihm, dem Sechzehnjährigen, geschwängerten Dienstmädchens wegen und daher von den Eltern verstoßen per Schiff in die Neue Welt begeben musste, sondern vielmehr mit seiner Familie gemeinsam via Flugzeug in die USA aufgebrochen war, gab es doch eine wichtige Parallele zwischen Maxens Freund und dem Helden bei Franz Kafka: die Hoffnung auf eine glückliche Zukunft.

Der Vater von Borneos Roßmann trat nämlich einen gut dotierten Posten im diplomatischen Dienst in Washington an und sollte einige Jahre später mit Kind und Kegel in die Karibik weiterziehen. Somit war auch Karls Lebensweg fürs Erste geographisch vorgezeichnet.

Kein Wunder, dass er nebenbei auch sukzessive die exquisiten Steuerparadiese für sich eroberte, diese globalen Wunderorte beispielloser finanztechnischer Unverfrorenheit: die Bahamas, Bermuda, die Cayman Islands, Belize, die Britischen Jungferninseln, Panama und Delaware … Später dann naturgemäß auch noch Liberia, Zypern, die Isle of Man, Andorra, die Kanalinseln und Liechtenstein … Dazu Vanuta, Cook Islands und Singapur. Alles Steueroasen und Finanzparadiese, auf denen, umgerechnet und rein theoretisch, vielleicht ein Einwohner auf ein paar Banken und eine Handvoll Briefkastenfirmen aufpassen hätte können …!

Doch zurück zu Roßmanns Beginn.

Erst drehte es sich um recht windige, eher kleine Geschäfte, die der begabte Diplomatensohn Karl Roßmann da so unter der Hand betrieb. Zugegeben: Er war schon zu Volksschulzeiten sehr gut darin gewesen, alles zu verhökern und zu verscherbeln, was nicht niet- und nagelfest war und vor allem: was nicht ihm gehörte.

In den frühen 1980er Jahren, als sich die alten Schulkollegen zufällig einmal in Wien wiedertrafen, handelte Roßmann in erster Linie schon durchaus erfolgreich und im internationalen Stil mit, zugegeben, eher obskuren Lizenzen und bloß vorgeblichen Patenten, insgesamt also ziemlich virtuellen Waren und Werten, wie man sie sich optimal in Luft- und Scheingeschäften vorstellen konnte. (Den Ausdruck virtuell verwendete man übrigens noch kaum; auch Computer und WWW steckten noch in den Kinderschuhen.) Karl war eindeutig ein Pragmatiker, das merkte Borneo gleich, dazu weltgewandt und mit einigem Charme ausgestattet; einer raren Eigenschaft, über die bekanntlich auch Maximilian in hinreichendem Maß verfügte.

Irgendwann wäre Karl Rossmann vielleicht als Wirtschaftsgenie in die Annalen eingegangen; und man hätte ihn womöglich in die Reihe der ganz großen, mutigen und revolutionären Ökonomen gereiht; womöglich wäre er jedoch auch als Wirtschaftskrimineller für den Rest seines Lebens hinter Gitter gewandert.

Die Karriere des smarten Karl Roßmann hätte zumindest auch noch weitere Jahre, entsprechend den alten Kaufmannstugenden, somit in aller Dezenz und Verschwiegenheit, in Freiheit und (Pseudo-)Integrität – wir werden darauf noch kurz zu sprechen kommen müssen –, insgesamt also auf gut und sicher bereiteten Schienen laufend, angedauert. Wenn der ansonsten so gewitzte Geschäftemacher nicht just am 26. Dezember 2004 dem gewaltigen Tsunami im Indischen Ozean zum Opfer gefallen wäre, der vor allem West-Indonesien und Thailand heimsuchte und, dort besonders intensiv den Untergang bringend, in noch kaum gekanntem Ausmaß als immense Naturkatastrophe wütete.

In Malé, der Hauptinsel der im Allgemeinen so herrlichen Malediven, fand sich Roßmann unter den circa 80 Toten wieder; was seinem Gefühl für Exklusivität freilich noch mehr zuwider laufen hätte müssen: Zuletzt war er schließlich bloß einer von 230.000, die dem verheerenden Seebeben und seinen schrecklichen Folgen zum Opfer fallen sollten.

Ein bisschen viel Anonymität – sogar für einen, der die Vorteile dieser Eigenschaft ansonsten durchaus zu schätzen wusste.

Fazit: Karl Roßmann war es, der Borneo durch seine durchaus kühnen Ideen auf einen später so erfolgversprechenden und optimal anwendbaren merkantilen Gedanken brachte – Geschäfte durch das und aus dem Nichts! Anders ausgedrückt: Wirtschafts-Alchemie …

*

Geschäfte haben immer mit Zeit zu tun. Vergleichsweise weniger mit Raum, denn der ist in aller Regel mit Hilfe der Technik überwindbar. Doch Zeit nimmt sogar das Nasenbohren in Anspruch. Und wenn es um die Zeit geht, wird es (besonders für Nicht-Physiker wie für Maximilian Cicero Borneo) meist haarig. Noch dazu – angesichts der Mehrdeutigkeit des Begriffs; sind mit Zeit doch immerhin nicht nur die quasi absoluten, berechenbaren Einheiten und temporären Spatien gemeint, sondern gleichsam auch Zustände; sogar Stil, Mode, Art.

Und dann erst die Sache mit den Richtungen … Gut, man weiß nichts; in beide Zeitrichtungen hin weiß man nichts. Man weiß weder, was man selbst (konjunktivisch) in bestimmten Situationen getan und wie man sich, beispielsweise unter dem unmenschlichen NS-Regime, verhalten hätte. Noch weiß man, wie es dann einmal, ihm hohen Alter, sein würde; ob man weise oder dement zu enden hätte? Nur dass man grundsätzlich zu enden hätte, irgendeinmal, das war Übereinkunft …

Am Ende von Kafkas „Amerika“-Fragment steht der Satz: „Alle Angst der letzten Stunden verschwand.“

Ein guter Satz – für Karl Roßmann (I und II), für Winnetou, die Kramasow-Brüder und d’Artagnan, die Kameliendame, Michael Kohlhaas und Fips den Affen et cetera.

Würde er, Maximilian Cicero Borneo, an Klugheit ständig zunehmen und gewinnen an Weisheit – oder vielmehr sanft verblöden und sukzessive geistig auslöschen?!

Außerdem: Was würde er davon überhaupt bemerken? Und noch etwas: Bemerkte er, gesetzt den Fall, tatsächlich etwas, inwieweit könnte er die Vorgänge um ihn herum beeinflussen und die Zeit verändern? Oder gar irgend etwas – verhindern?!

Ja, die Hitler-Zeit! Da hatte sich, zum Exempel, sein Vater, also Eugen Erasmus Borneo, sogar als ausgesprochener Gegner der braunen Machthaber positioniert. Warum? Nun, weil sie ihm sofort, von Beginn an, weitestgehend suspekt waren. Ja, sie erschienen ihm als äußerst unsympathisch in ihrer meist grobschlächtigen Art und mit ihren primitiven Manieren. Selbst die wenigen Gebildeten unter ihnen missfielen ihm. Und bei denen, die musikalisch oder sonst wie kreativ hervortraten, verstand er die Verbindung zwischen der seiner Meinung nach für die Kunst doch so notwendigen Sensibilität und der sich bald als inhuman gerierenden Denk-und Ausdrucksweise des NS-Regimes erst recht nicht. (Von Leitern mancher Konzentrationslager, die am Feierabend, wenn sie also ihr Tagewerk der Judenvernichtung getan hatten, als wackere Musiker in Streichquartetten dilettierten, wusste man anfangs noch nichts.)

Egal, ob SA, SS oder Gestapo, ihm missfielen die brutal-primitiven Partei-Brüder allesamt – von Art, Aussehen, Auftreten und Sprache her. Und ihres obskuren Führers krude Gebrauchsanweisung, betitelt „Mein Kampf“, hatte er unter Stöhnen und Ächzen hinunter-gewürgt. Es fehlte nicht viel, und Borneo sen. wäre gar als Widerstandskämpfer gegen Adolf Hitler aufgetreten. Doch er war vorsichtig genug, hielt zwar mit seiner Meinung nur selten hinter dem Berg, trat jedoch in seiner Antihaltung (nicht zuletzt aus Rücksichtnahme auf die Verwandtschaft) einigermaßen dezent auf; was ihn dennoch nicht vor mancher Unbill schützte.

Doch hätte er, Max, sich an des Vaters Stelle auch als nur annähernd so mutig erwiesen?!

Später, nach 1945 (Max wurde 1947 geboren), rechnete dem alten Borneo das angeblich neu- und wiedererstandene, nunmehr von den Alliierten Siegermächten verwaltete und beherrschte Österreich die vormals beinahe heldenmütige Haltung übrigens gar nicht besonders hoch an. Nein: ganz konträr. Und diverse ehemalige Nationalsozialisten machten nunmehr, den aufrechten Eugen rechts wie links (als liebend gern rekrutierte Neo-Mitglieder der ÖVP wie der SPÖ) überholend, Karriere, während er zusehends, unten herumgrundelnd, verkümmerte … Und verbitterte. Ja, jetzt wurde er tatsächlich zum Nazi-Hasser!

Nein, Max würde es anders machen, gelobte sich da der vergleichsweise clevere Sohn. Und mutierte mit der Zeit zum Meister der – nun ja – nicht eben geradlinigen Geschäfte.

Maximilian Cicero Borneo verstand sich darauf, einem formidablen Couturier nicht unähnlich, seinen Klienten – entsprechend den speziellen Bedürfnissen, die sie eben hatten – sozusagen die maßgeschneiderten Gaunereien zu verpassen. Zwar ermöglichte ihm erst das World Wide Web die rasche und effektive Umsetzung vieler seiner Malversationen (sogar im größeren, im globalen Umfang); doch da auch Kleinvieh Mist machte, wie sich der gewiefte Meister dunkler Geschäfte gerne der Praxis aus der Zeit noch vor dem gezielten Computer-Einsatz erinnerte, wusste er auch, im persönlichen Gespräch, per Telefon und auf dem Postweg an seine Opfer zu gelangen. Und wer einmal mit Borneo zu tun gehabt hatte, dem war eine nicht selten über Jahrzehnte dauernde Beglückung durch den ausdauernden und in gewisser Weise treuen Gauner garantiert. Ja, Max klebte gleichsam an seinen Klienten.

Da gab es, zugegeben und in der Tat, Exemplare, die geradezu danach zu lechzen schienen, von Maximilian beschissen zu werden. (Der außerdem, wenn er es darauf anlegte, recht charmant und durchaus unterhaltsam sein konnte; und mitunter zu wahrer Höchstform auflief, was das muntere Parlieren und saftige Schwadronieren betraf.)

Mit manchen seiner Klienten hatte er außerdem leichtes Spiel. Etwa mit der (gefühlt:) uralten, in der Tat stinkreichen, mit teurem, jedoch geschmacklosem Schmuck behangenen Witwe Mathilde Sauerschwamm, die immer wieder auf seine Masche mit den geschummelten Lottogewinnen hereinfiel (und solcherart insgesamt ein kleines Vermögen an ihn verlor). Immer wieder tappte diese äußerst bizarre Dame, die nur mehr mit Nachsicht aller Taxen als bloß leicht senil bezeichnet werden konnte und die so gerne an das Glück glauben wollte, das sie nun einmal ausschließlich in Geld und Geldeswert symbolisiert sah, in Maxens stets optimal arrangierte Falle.

Oder mit seinem besonderen Freund, mit Mirko Maserbruch, der einige recht gut gehende Unternehmen geerbt hatte und dazu ein – allerdings eher übel beleumundetes – schmuddeliges Nachtlokal, die meiste Zeit jedoch mit dem Sammeln von Gebrauchsanweisungen, Rezepten und Angaben von Lebensmittelinhaltsstoffen in finnischer Sprache (!) zubrachte. Den kauzigen Berufserben faszinierte Kleingedrucktes wie kasvisöljyä, riisijauhoa oder muunnettu riisitärkkelys (pflanzliches Fett, Reismehl und modifizierte Reisstärke) auf der röhrenförmigen Verpackung des in Belgien hergestellten Salzgebäcks der Sorte „Pringles Original“ (bursting with flavour!) oder Sätze wie Sopii eritysesti eläinten karvojen imurointiin (besonders geeignet zum Aufsaugen von Tierhaaren) im Handbuch eines durchaus tauglichen „Siemens“-Staubsaugers.

Oder aber, wenn Max den kuriosen pensionierten Musikprofessor Gustav Gerhart Grollfusz zu irgend einer neuerlichen – unter Garantie zum Scheitern verurteilten – Investition überredete; wissend, dass der als Komponist längst und endgültig gescheiterte Neo-Spät-Romantiker (und nebenbei nach Bitterschokolade mit höchstmöglichem Kakao-Anteil Süchtige) nur darauf wartete, wieder einmal finanziell so richtig schön zu bluten … Hatte er doch von seiner überaus streitsüchtigen, endlich doch verstorbenen Frau einige Euro-Millionen geerbt, vor denen er sich allem Anschein nach noch mehr fürchtete, als er es sein Lebtag lang vor der extrem bösartigen Ehepartnerin getan hatte.

Ja, anscheinend waren sie und viele andere ähnlich gelagerte Typen, die Borneo betreute, stets bereit (und darin den Pfadfindern nicht so ganz unähnlich), dem sie so innig umsorgenden Max jeden Tag etwas Gutes zu tun – und ihr Geld durch ihn und an ihn loszuwerden.

Immerhin, auch das soll nicht unerwähnt bleiben, traf es da durchwegs keine ganz Armen. Noch dazu war Maximilian Cicero Borneo von Haus aus zu wenig kriminell veranlagt, um jemandem zwar seine Sorgen mit vergeblichen Investitionen abzunehmen, ihm im Gegenzug jedoch solche dafür einzutauschen, die sich dann um die nackte Existenz drehten!

Nein, Max war (und blieb) bei all den krummen Dingern, die er so drehte, und den halbseidenen Geschäften, die er permanent vorantrieb, ein im weitesten Sinn guter Kerl. Wenn auch ein Schlitzohr durch und durch sowie ein Gauner der Sonderklasse,kannte er in Maßen Skrupel.

Längst nicht von Grund auf böse wie etwa die Täter in Richard Wagners „Ring des Nibelungen“, die der große, unvergessene deutsche Cartoonist und vielseitige Satiriker Loriot folgendermaßen definiert: „Sie wollen mehr besitzen, als sie sich leisten können, mehr Macht, als ihnen zusteht. In blindem, lieblosem Gewinnstreben vernichten sie sich selbst und ihre Welt.“ Gibt es da nicht unübersehbare Parallelen zum aktuellen Finanzgeschehen? Bernhard Victor „Vicco“ Christoph-Carl von Bülow alias Loriot schwächt ab: „Zum Glück gibt es ja dergleichen nur auf der Opernbühne.“ (Wirklich?! Anm.)

Wohl nicht von ungefähr faszinierten Borneo die (meist aus Handwerkszünften hervorgegangenen) bedeutenden Dynastien der Kaufleute im 15. und 16. Jahrhundert, die Welser also, die Manlich und die Grander, auch die Höchstetter und die Herbrot; besonders freilich die Fugger. Sogar die drei Charakter-Eigenschaften, auf die ehern gepocht wurde unter den merkantilen Kapazitäten, nämlich integritas (Redlichkeit), tacerturnitas (Verschwiegenheit) und libertas (Freiheit), imponierten ihm als – theoretische – Anforderungen. (Wie gesagt: naturgemäß nur als theoretische …! In der Praxis gingen sie ihm dann schon eher am Arsch vorbei.)

Fortsetzung folgt!

 

Borneo und die Frauen.

Gegen eines war allerdings auch der ansonsten mit so ziemlich allen Wassern gewaschene Maximilian Cicero Borneo machtlos, nämlich gegen die Macht der Frauen. Besser gesagt – gegen einen bestimmten, sozusagen: satanischen Typus von Weibern und gegen ihre Auswirkungen. Kurz, gegen Damen, die allem Anschein nach zu nichts anderem auf der Welt waren, als um ihn zu triezen und zu kneipen und um ihn stets aufs Neu zumindest wesentlicher Teile seines (immerhin ja auch nicht so ganz leicht erworbenen) Geldes zu berauben!

Dann nämlich, wenn er also blank war – oder fast -, galt es, erneut und mit viel Aufwand monetäre Quellen zu erschließen; und wieder musste von ihm (nicht selten mühsam) das Rad der mehr oder minder obskuren Geschäfte in Gang gesetzt werden. Und von Neuem hatte er für Nachschub an Geld zu sorgen, ganz so, als wäre er der berühmte Dukatenscheißer …

Meist waren sie, die Frauen, mit denen ihn das Schicksal da zusammenführte, wie er den Akt eigener Dummheit euphemistisch zu umschreiben liebte, durchaus ansehnlich (sexy), manche sogar verführerisch in ihrer Wohlgestalt und Anmut. Aber Teufel waren sie allesamt, nämlich in ihren dunklen Absichten. Krasse Dämonen und böse Hexen. Voller krimineller Energien!

Und davon hätte schließlich er selbst schon genug zur Verfügung gehabt. Ja doch, seinen obskuren Freundinnen wäre ein bisschen Zurückhaltung durchaus gut angestanden. Oder vielleicht sogar ein wenig – ehrliche Naivität. Doch die gab es anscheinend nicht mehr. Die war wohl verschwunden und ausgestorben. Tschüss! Ciao! Servus …

Und so wurde er immer wieder zum willfährigen Objekt seiner Lust und ihrer Schlauheit.

Es war geradezu verhängnisvoll. Fatal.

Das bildete zumindest Maximilian Cicero Borneo sich ein. In Wahrheit hatten durchaus auch wirklich liebenswerte Mädchen und Frauen seinen Weg gekreuzt. Ehrliche und anschmiegsame, zärtliche und gefühlsintensive Wesen. Ergo musste an den weiblichen Geschöpfen auch was Positives dran sein; immerhin und letzten Endes hatte er ja sogar den Weg vor den Altar beziehungsweise ins Standesamt nicht gescheut. Und das sogar mehrmals.

Doch auch mit den wenigen ganz Netten – wenn es sie also in seinem Umfeld gegeben haben sollte (was er freilich mit sukzessive sich summierenden schlechten Erfahrungen ohnedies zu leugnen bereit war!) – verdarb er es sich. Nicht zuletzt, weil Borneo in Wirklichkeit ein ausgesprochener Egomane und ein weitgehend unduldsamer Einzelgänger war. Zwar stilisierte er sich mit zunehmendem Alter gern zum einsamen Wolf hoch; in Wahrheit glich er freilich im übertragenen Sinn eher einem (angeblich) stinkenden Schakal.

Der Effekt mag freilich derselbe gewesen sein. Und so lebte Borneo also meistenteils solistisch vor sich hin. Nicht asexuell, es gab ja immerhin auch noch durchaus teure einschlägige Etablissements, Callgirls sowie Service-Agenturen. Zudem blieb er dem Wohlleben auf verwandten Gebieten gegenüber, so gutem Essen und Trinken, durchaus aufgeschlossen; dabei auch den Künsten seine Reverenz bezeugend; und – bei allen Anlagen zum Sonderling – in gewisser Weise auch als charmanter Gesellschafter und umgänglicher Diskutant wohl gelitten.

An den Frauen litt er nichts desto trotz – zumindest seelisch – in Permanenz. Da blutete er förmlich. Früh hatte dabei begonnen, was sich später insgesamt in drei gescheiterten Ehen und in einer Reihe von definitiv schweineteuren Langzeitverhältnissen summierte.

Verständlich, dass er seine Kinderlosigkeit final eher als vorteilhaft einschätzte. Oh, welchen Aufwands es doch in seinen Augen bedurfte, (zugegeben:) weniger ein Kind zu zeugen, mehr schon es weiblicher-, ja: mütterlicherseits in sich wachsen zu lassen und zu gebären! Und wie allerliebst diese kleinen Wesen, das ließ sich dann erst gar nicht leugnen, ausgestattet waren – vom lieben Gott oder vom Universum oder von der Natur, wie auch immer! Er sah sie gerne an und fand sie in der Tat entzückend. Nichts desto weniger war er allerdings froh, selbst diesen zweifelhaften Vater-Freuden entraten zu haben all die Jahre seines Lebens. Wofür waren sie denn geschaffen, diese süßen Geschöpfchen? Seien wir doch ehrlich – für den Tod.

So dachte er nicht selten in einer Mischung aus Zynismus und Trauer.

Auch sie kamen so klein (mit so großen Augen) und liebenswert auf die Welt, lauter geborene allersüßeste Diminutive; wuchsen heran; wuchsen sich aus; wurden alt und waren perdu … Gut, dazwischen verliebten und vermehrten sie sich noch, bewunderten die so aktuell entstandene neue Brut und leisteten einander am Totenbett Gesellschaft.

Was tragisch daran war: Borneo wusste zugleich (oder, zumindest ahnte er es), das sei nun eben einmal der Deal gewesen. Von Anfang an … Eine Absprache. Ein Kartell-Deal eben. (Gemahnend irgendwie an das Schicksal des Goetheschen Faust – als Inhalt der immerhin einigermaßen obszönen Wette zwischen Gott und dem Teufel …)

Vielleicht hing das prinzipiell gestörte Verhältnis zu den Frauen, das seinerseits die einzelnen gestörten Verhältnisse Max Borneos zu den Frauen durchzog wie Fett einen, nicht zuletzt deshalb so saftigen Schinken, vielleicht hing diese seine Angst mit deren offensichtlicher Reproduktionslust (und seiner eigenen diesbezüglich gerne geübten Abstinenz) zusammen?!

Ihn verschreckte freilich nun einmal diese stets – zumindest: solange sich die Damen im empfangsfreudigen und gebärfähigen Alter befanden – bedrohlich im Raum stehende Babuschka-Attitüde. Ja, viele Frauen glichen diesen dickbäuchig-umfänglichen russischen Großmütterchen-Puppen, die in ihren penetrant-rundlichen, nur harmlos wirkenden, folkloristisch bemalten Papiermaschee-Körpern ein immer noch nächstkleineres Duplikat ihrer selbst trugen, darin eingeschlossen ein immer noch nächstkleineres Duplikat ihrer selbst und ein immer noch nächstkleineres Duplikat … und ein immer noch nächstkleineres … und ein … und …

Es war der blanke Horror: diese Vorstellung schier ewiger und unendlicher Vervielfältigung, der Gedanke an eine permanente genealogische Spiegelung und genetische Massenverpuppung ohne irgendeine reale Aussicht auf Wertsteigerung. Im Gegenteil, man musste mit einem weiteren ständigen Wertverlust dieses an sich schon ziemlich miesen Abfallprodukts rechnen. Doch, ja, der Mensch war nun einmal (und allem schlechten Anschein nach) ein auf Billig-Standard und Serien-Auswurf hin programmiertes Massenerzeugnis; gezeugt, ausgetragen und geboren für die Müllhalde. Ein weitgehend wertloses Produkt also, für das die nebenbei a priori angestrebte Obsoleszenz streng genommen eine Gnade bedeutete.

Aber, wie gesagt: Das war eben der Deal gewesen von Anfang an. In der Tat.

Die meisten von Borneos Liebeshändel und Gefühlsopern dauerten daher maximal ein paar Monate an; sie gingen vielleicht, ausnahmsweise einmal, wenige Jahre einigermaßen reibungslos und konfliktarm (freilich, kaum je konfliktfrei) vor sich. Sie wickelten sich, sozusagen, ab; oder wurden abgewickelt – wie marode Banken. Er gestand sich sogar zwischendurch ein, auch nicht gerade handzahmer geworden zu sein mit der Zeit. Und einfach zu nehmen war er wohl nie gewesen; also das glaubte er ohnehin dezidiert ausschließen zu können.

Dennoch blieb meist ein bitterer Geschmack zurück, wenn wieder eine seiner Beziehungen, die strenggenommen ohnedies nur verschieden lang durchgehaltene Affären waren, den imaginären Bach hinuntergegangen war. Ein dumpfes Gefühl des Überdrusses stellte sich da ein, und oft begleitete ihn und sein Tun hernach einige Zeit hindurch eine ziemlich depressive Stimmung. (Er nutzte sie allerdings, um in seinen Gaunereien und windigen Geschäften noch kreativer zu sein. Immerhin: eine Art Sekundär-Gewinn aus erlittenem Schmerz heraus, wie man bei Sigmund Freud ex denso nachlesen könnte, wenn man wollte …)

Wenn Maximilian Cicero Borneo sich auch immer wieder vornahm, den Weibern und den mit ihnen zwangs-läufig (sic!) verbundenen Gefühlsversuchungen künftig besser aus dem Weg zu gehen und diverses Lustgetümmel fortan vorsichtshalber weitestgehend zu meiden – besonders in seinen jüngeren und mittleren Jahren war das nun einmal leichter gesagt als getan. Denn sie ergaben sich halt, die Gelegenheiten zu prickelnden Bekanntschaften mit nicht minder prickelnden Damen. Und bei einem – schon berufsbedingt – kommunikativen Menschen, wie Maximilian einer war, ließen sich auch intensivere Begegnungen eben nicht verhindern; solche, die dann im Allgemeinen zu intimerem Kennenlernen führten; was wiederum und letzten Endes in irgendwelche Bettgeschichten mündete. Punkt um.

Und die Schleife entrollte sich von neuen, wurde zuletzt zum Knoten und so weiter …

Fazit: Wirklich von Dauer waren zwar Maxens schwindlige Geschäfte, nicht jedoch seine Liebesangelegenheiten. Nein, da mangelte es ihm an Geduld, an Einfühlungsvermögen und auch – an Altruismus. Und sonderlich weit her dürfte es mit seiner Empathie zudem nicht gewesen sein. Von Haus aus nicht. (Auch war er, der es immerhin gewohnt war, andere zu hintergehen und zu legen, zu belügen nach Strich und Faden und zu bescheißen, was das Zeug hergab, vermutlich zu oft schon selbst hintergangen, belogen, gelegt und beschissen worden.)

Er musste, wenn er schon einmal in bösen Reminiszenzen wühlte, sogleich an Nicole denken, dieses Biest. Sie war zwar längst nicht die einzige unter den weiblichen Blutsaugern gewesen, mit denen ihn sein Leben in engeren Kontakt gebracht hatte, als ihm lieb war; allerdings eine der effizientesten. Borneo hatte sie quasi von einem alten Schulfreund übernommen. Und wie hatte ihn der arme Dr. Georg Anatol Atlas, seines Zeichens Kunsthistoriker, prominenter Vasen-Experte und insgeheim zudem strebsamer, ehrgeiziger und keineswegs erfolgloser Alchemist, vor der kleinen berechnenden Schlampe noch gewarnt! Aufs Eindringlichste! Und in allen scheußlichen Farben! Aber nein! Er, Maximilian Cicero Borneo, der närrische Alt-Gockel, musste ja mit dem um gut drei Jahrzehnte jüngeren Flittchen herum machen …

Um einen Batzen Geld ärmer und, zugegeben, um einige Erfahrungen reicher war er – und immerhin noch einigermaßen glimpflich – aus dieser Affäre ausgestiegen, vor auch schon wieder gut zehn Jahren. Nein, dass gerade ihm so etwas Blödes unterlaufen war …

Da hatte er dann allerdings erst so recht Gas geben müssen in Sachen Geschäfte.

Olga.

Olga strich sich mit der (sah man von ein paar dunklen Altersflecken ab) immer noch erstaunlich glatthäutigen, schlanken und langfingrigen Rechten über die elegante graugrün-schimmernde Bluse aus Naturseide; als habe die gepflegte Siebzigjährige hier, auf der Höhe ihrer nach wie vor beachtlichen Brüste, ein vorwitziges Krümelchen vom eben – mittels kapriziös gespreizter Finger (beziehungsweise tadelloser neuer Jacketkronen aus der Dentalpraxis von Dr. Joachim Halmgurth) – verzehrten Nussbeugel befürchtet. Mit leicht gerunzelter, matt-gepuderter Stirn tat sie dies, was durchaus anmutig wirkte; vielleicht sogar ein wenig kokett.

Der mittlere Raum in der recht geschmackvoll eingerichteten Konditorei „Ohrenfrost“ lag in der Nachmittagssonne eines überaus angenehmen Junitags. Endlich nämlich war es warm geworden; nach dem nichtsnutzigen Mai. Und eine gewisse Müdigkeit, die auch der wohlschmeckende, starke Kaffee der Marke „Illy“ nicht beseitigen hatte können, machte sich allmählich in Olga (und um sie herum) breit. Nein, nicht Müdigkeit: Es war Entspannung.

Da, da sitzen Sie, Gräfin!“, rief Borneo gekünstelt überrascht aus, indem er sich rasch dem kleinen Marmor-Tisch näherte.

Ohne Dada geht’s wohl nie?!“, flötete die dereinst dunkelblonde Schönheit (nunmehr mit violett-schimmernder, immer noch schwungvoller Graumähne) und warf dem ebenfalls Graumelierten einen kurzen, belustigten Blick aus grün-gelben Augen zu, um die ein hübsches Geflecht dünner Lachfältchen tanzte. „Immer Dada! Immer ein bisschen Kurt Schwitters, Daniil Charms oder Walter Serner …“ Dann deutete sie auf den Sessel vis à vis. „Bitte, Maximilian!“

Borneo beugte sich vor, imitierte einen Handkuss und nahm manierlich Platz.

Ganz die alte Schule“, hauchte sie, mit einem ein wenig süffisanten Lächeln um den dezent rot-geschminkten Mund.

Alt – ja, aber … Schule – nein!“, erwiderte, ebenfalls grinsend, der Brillenträger im blaugrauen Dreiteiler, mit dezent rotblau gestreifter Krawatte und rotem Stecktuch. Und man sah Borneo den auch schon Endsechziger in der Tat kaum an. (Nicht sofort zumindest. Und so genau wollte ihn dann doch auch wieder niemand betrachten. Warum auch?! So besonders viel war an ihm ja eigentlich gar nicht dran, an diesem gepflegt wirkenden Kleingauner …)

Also -“, hoben beide, gleichsam unisono, zu sprechen an.

– – -“

So wird das nichts“, entschied sie. „Bitte, zuerst – Sie! Max, Sie fangen an!“

Er räusperte sich.

Da erschien wie aus dem Nichts die Diskretion in Person: der längst ergraute Ober Carl.

Herr Borneo wünschen?“

*

Olga Prunst-Guhselheim (von Natternburg-Hoffstätten) war in gewisser Weise auch so ein Pflänzchen; doch hier, in diesem Fall, war Max nicht so sehr liebender Gärtner als viel mehr ziemlich berechnender Gartenarchitekt. Ja, er hatte schon Olgas greisen Großonkel Serge in Finanzfragen beraten, in dessen letzten Lebensjahren; den dereinst angeblich reichlich despotischen (weil noch völlig in den Denksystemen des Feudalismus aufgewachsenen) russischen Adeligen aus einem unaussprechlichen Geschlecht von außerordentlichen Zaren-Günstlingen aus der St. Petersburger Gegend. Noch während des Ersten Weltkriegs hatte Serge im Schlepptau seiner – ob der politischen Veränderungen – ziemlich echauffierten Eltern und zusammen mit zwei Schwestern, einem Cousin und spärlicher Dienerschaft erst einmal mit Mühe den mit Brutalität vorgehenden Bolschewiken entkommen können. Die Karawane war, kurios genug und geographisch reichlich verwinkelt, über die Ukraine und über Czernowitz (die ehemalige Hauptstadt des Kronlandes Bukowina) nach Rest-Österreich geflüchtet. Die beweglichen Teile des ehemaligen Reichtums, einiges an Geld und auch etwas vom wertvollen Schmuck, trug die halbwegs glücklich gerettete Mischpoche im Handgepäck mit sich …

Der Baron, wie der Alte in Umgehung irgendwelcher, ohnedies stets zum Scheitern verurteilter Versuche, seinen Namen einigermaßen korrekt auszusprechen, genannt wurde, der Baron also war dann viele Jahrzehnte später, nämlich in den frühen 1970er Jahren, vom damals jungen und aufstrebenden Gauner Maximilian C. Borneo im Laufe relativ kurzer Zeit um namhafte Summen – investiert in obskure Kupferminen in Afrika, nicht minder illusorische Opal-Adern in Australien (wohin ein ebenfalls ziemlich windiger Verwandter des Russen ausgewandert war), außerdem in einen schlechtgehenden pseudowissenschaftlichen Großverlag in der Bundesrepublik Deutschland und in noch anderen diversen Ramsch – erleichtert worden. Doch mit Charme; wofür der alte Russe, dem inzwischen längst ein kleines ererbtes Schloss in der Südsteiermark (worin er weiterhin ziemlich feudal residierte) zum Lebensmittelpunkt geworden war und der eine Menge unehelicher Kinder in die Welt gesetzt sowie auch sonst für viel gute Unterhaltung gesorgt hatte, stets eine gehörige Portion an Vorliebe aufbrachte.

Der Baron, der den charmanten Windhund Maximilian Cicero Borneo also irgendwie ins Herz geschlossen hatte, war indes nicht bloß ein gestandener Trinker und Schürzenjäger vor dem Herrn, er war zudem hochgebildet und parlierte fließend in sieben Sprachen. Außerdem vermochte er, diverse amüsante Schnurren und so manchen Schwank aus seinem diesbezüglich reichlich sprudelnden Reservoire an Erinnerungen zum Besten zu geben. Aus St. Petersburg, aus Czernowitz, München und Zürich, aus Wien und so mancher anderen Ecke der Welt, in die es ihn verschlagen hatte wie einen lästigen Wind nach stets etwas zu üppigem Essen …

So wusste er zum Beispiel hübsche Anekdoten zu erzählen über Hermann Bahr, den Literaten und Kopf der Bewegung Junges Wien (der sich übrigens auch kurz zu Studien- und Saufzwecken im schönen Czernowitz herumgetrieben hatte), und über die konkurrierenden geistreichen Kaffeehaus-Runden um Peter Altenberg, Alfred Polgar, um Egon Friedell, Karl Kraus. Adolf Loos und Konsorten. In der Tat, der alte Baron mit dem unaussprechlichen Namen war ein Born der Reminiszenzen – und ein Meister im Erzählen seiner Anekdoten und Histörchen.

In seinen besten Zeiten liebte es Serge, so ziemlich allem Weiblichen, was zwischen zehn und hundert und zu langsam zur Flucht war, zwischen die Beine zu langen. Er hatte auch so manche Kuhmagd und Jung-Winzerin geschwängert sowie jede Menge an hübschen und weniger schönen Dirndln verführt und, wenn sie nicht willig waren, eben auch mal geschändet. Er war stets ein feudaler Patriarch gewesen und auch, längst in den 1950ern noch, überzeugt davon, ihm stünde zumindest das jus primae noctis zu … Ein langes Leben lang unverheiratet, wie er war, wütete er also alldieweil dem Fuchs gleich in diversen Hühnerställen.

Der Enkeltochter seiner Schwester Stepanida gegenüber, der reizenden Olga eben, verhielt er sich als überaus liebevoller Großonkel, der das hübsche Kind verwöhnte, hätschelte und verzog nach Strich und Faden, dass es eine wahre Freude war. Ja, sie war sein Ein und Alles! Und dass Olga dereinst zumindest den Großteil des Vermögens erhalten sollte, war zudem klar (und notariell geregelt). Auch der restlichen, durchwegs wohlhabenden Verwandtschaft in Wien, London, München und Zürich, in Australien, in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Indien und in Vorarlberg sollte das nur recht sein; man wollte sich mit Onkel Serge und seinem Schweinekram lieber nicht abgeben. Und man glaubte auch zu wissen, warum …

Es ging nämlich die Mär in der weit zerstreuten, schier um den Erdball versprengten Familie, dass manches an des spleenigen Hurenbocks Geld (und Gold) aus irgendwelchen dunklen Beständen aus der Russischen Revolution von 1917 stammen könnte … Da wollte man lieber nicht anstreifen; oder gar eines Tages mit einer Kugel im Kopf oder einem Messer im Rücken gefunden werden … (Das konnte sogar Maximilian Cicero Borneo nur zu gut verstehen!)

Nach dem – stellt man seinen nicht eben wenig strapaziösen Lebenswandel in Rechnung – erstaunlich späten Ableben des hochbetagten Säufers und Weiberhelden (auch schon wieder vor mehr als fünfundzwanzig Jahren …, jaja …) beriet Max nun eben die (Beinahe-)Alleinerbin des immer noch durchaus beachtlichen Vermögens, Olga; nämlich wie sie ihr Geld optimal anlegen (und vielleicht dereinst hauptsächlich an ihn, Max, verlieren) könne. Und solle.

Außerdem gefiel ihm die anmutige Beinahe-Greisin. Einerseits war sie in der Tat zu wenig jung, um seinen vor wenigen Jahren noch an dem gefährlichen Schlingpflänzchen Nicole geschärften Altherren-Sinnen tatsächlich gefährlich werden zu können. (Im Übrigen lag ihm an jeglicher sexueller Betätigung auch kaum mehr allzu viel. Das war alles mit Anstrengungen verbunden; wozu also?!) Zum anderen war er sein Leben lang bemüht gewesen, so strikt, wie es eben nur möglich war, Arbeit und Vergnügen von einander zu trennen.

Olga, dereinst als Kind schon fundiert pianistisch ausgebildet (was Wunder, bei diesen Händen …!), verfügte zudem über eine Anzahl von gediegenen Pianofortes (oder Fortepianos), Konzertflügeln und Klavier-artigen Salon-Instrumenten, die das Herz jedes Musikliebhabers höher schlagen hätten lassen. Und Max war, leider selbst musikalisch nie geschult, immerhin ein Liebhaber der holden Frau Musica …, ein glühender Verehrer von Barock-Klängen und (zumal: Wiener) Klassik. Doch – es mochte vielleicht erstaunen – auch Jazz und sogar Zeitgenössischem gegenüber verhielt er sich durchaus aufgeschlossen; ja, Max ließ durchaus sogar Beispiele gehobener Unterhaltungsmusik gelten. (Als ausgewiesener Kenner des vielseitigen Oeuvres von Robert Stolz genoss er diesbezüglich sogar lokales Ansehen.)

In Olgas Sammlung, die ihr splendabler Großonkel Serge anzulegen begonnen hatte, gab es natürlich einige gepflegte Stücke aus der k.u.k.- Klaviermanufaktur Bösendorfer (selbstverständlich noch mit Wiener Mechanik!). Einer von Olgas alten Flügeln hatte sogar das bekanntermaßen überaus energiegeladene Spiel Franz Liszts überstanden; wovon ein treu gehütetes Dankschreiben des Virtuosen von 1874 zeugte, das vor vielen Jahren und auf recht verschlungenen Wegen von der prominenten Wiener Instrumentenbauer-Familie in Olgas Besitz gelangt war. Dann waren da natürlich schöne und wertvolle alte Klaviere von Dörr, von Bechstein sowie von Steinway & Sons, auch von den Firmen Breitkopf & Härtel, von Schimmel und Ittypfel, auf denen zu konzertieren die Schlossherrin, selbst oft mit Freude darauf spielend, immer wieder erstklassige Pianisten einlud.

So trat im ausgesprochen geschmackvoll und hübsch renovierten Schloss in der Südsteiermark noch zu Serges Zeiten, in den späten 1960ern schon, der gleich vielseitige wie unberechenbare Friedrich Gulda auf – übrigens: gemeinsam mit dem damals gerade erst aufstrebenden Mittzwanziger Armando Anthony „Chick“ Corea! -, gab später der hochbegabte Gulda-Sohn Paul, zusammen mit dem genialen Grenzgänger der Musikstile Roland Batik, eines der ersten Konzerte, und auch sonst kam beinahe alles, was unter den internationalen Tastendompteuren Rang und Namen hatte (oder sich solches gerade zu erwerben begann) hier her: vom noch ganz jungen Rudolf Buchbinder über Alfred Brendel bis Jörg Demus und Paul Badura-Skoda; von Oscar Peterson und Joe Zawinul bis Montgomery Bernard „Monty“ Alexander, von Herbert Jeffrey „Herbie“ Hancock bis Dave Brubeck mit ihren delikaten Ensembles.

Und Max war selbstredend ein gerngesehener Gast bei vielen dieser glänzenden Abendveranstaltungen im kleinen, dafür umso erleseneren Rahmen.

Neben Klavieren sammelte die reiche Gräfin jedoch auch mehr oder weniger edle Immobilien, so sie gerade irgendwas günstig erwerben konnte, außerdem schönen Schmuck, Gemälde (wobei sie, aus welchen Gründen auch immer, die französischen Impressionisten bevorzugte), dann noch alte Automobile und antike Streichinstrumente. Glanzstück ihrer diesbezüglichen – von Experten überaus hoch bewerteten – Sammlung war eine Geige aus dem Hause Guarneri, die angeblich Niccolò Paganini selbst mitunter (und neben seinem Leib-Instrument, das von Giuseppe Antonio Guarneri, genannt del Gesù, gefertigt worden war) gern gespielt haben soll.

Wie auch immer: Soireen im Hause Prunst-Ghuselheim waren etwas ganz Besonderes, und Einladungen dazu galten als Auszeichnungen, als gesellschaftliche Preziosen. Ja, sie wurden nicht selten zu Schwarzmarktpreisen unter neureichem Gesindel gehandelt wie Dope unter Jung-Abhängigen auf ihrem Weg zu deftigeren Drogen …

Fortsetzung folgt!

 

Die nabellose Gesellschaft.

Er hätte – in mancher Hinsicht, besonders moralisch – als sein Antipode gelten können, als Borneos Alter Ego, der renommierte niederländische Volkswirt Aaron Isaak Greyffszaan, der da zwar die (leider völlig richtige) Prognose der Wirtschaftskrise von 2008 ff. vorgelegt hatte, ihr jedoch wenig später durch unglückliche Spekulationen und undurchsichtige Börsengeschäfte in Zusammenhang mit der spanischen Immobilien-Blase selbst zum Opfer gefallen war. Und der sich anno 2012 vom Dach eines Amsterdamer Bürohochhauses, in dem unter anderem mehrere windige Bauunternehmen untergebracht waren, zu Tode stürzte und dadurch ziemliches Mediengetöse auslöste. Ja, er hätte als Borneos Antipode gelten können – oder, nein: weniger als sein Gegenspieler, vielmehr, unter bestimmten, günstigeren Umständen sogar als sein Sozius, als sein Denk- und Gesprächspartner. Auch wenn Max Borneo längst nicht den hohen Grad an Bildung erreicht hatte oder jemals erreichen würde, den sogar seine erbittertsten Gegner dem eloquenten Niederländer mitnichten absprechen konnten.

Greyffszaan, dessen persönliche Bekanntschaft zu machen Borneo leider nie möglich gewesen war, galt, wie gesagt, als anerkannter Volkswirt und hatte unter anderem das durchaus erstaunliche Werk „Die nabellose Gesellschaft“ verfasst, von dem in kürzester Zeit in Fachkreisen der Anstoß zu mancher Überlegung und Diskussion ausgegangen war und das ganz allgemein für großes Aufsehen sorgte. Manches, was später gedacht, diskutiert und geschrieben wurde, stand in direktem Bezug zu Greyffszaan und seinem Standdardwälzer; so auch das eingängige Fachbuch über „die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut“ (so der Untertitel) der US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Daron Acemoglu und James A. Robinson: „Warum Nationen scheitern“. Deren Theorie, dass nämlich zwei Dinge die eigentlichen Ursachen der globalen Wirtschafts-Malaise seien: erstens die extraktiven Institutionen, die zum Schwund der Ressourcen führten, und zweitens das Fehlen jeglichen Muts zu schöpferischer Zerstörung im Sinne notwendiger Innovationen.

Immerhin, Greyffszaans Grundsatzwerk „Die nabellose Gesellschaft“ begründete als außergewöhnlicher Sachbuch-Bestseller den Ruhm seines Autors weit über die enge (und nicht selten engstirnige) Welt der reinen Wissenschaft hinaus.

Der renommierte Experte riet darin Bankern, Wirtschafts(un)verantwortlichen und Politikern, „nicht mehr länger ausschließlich den eigenen Nabel zu bewundern und anzubeten“, sondern, wie er es blumig-pointiert ausdrückte „stattdessen eine neue Wesentlichkeit zu suchen und somit bis dato ungeahnte Pforten aufzutun zu noch weitgehend unbekannten Gefilden“.

Und er referierte, meist gekonnt polemisch, oft auch treffend ironisch und fast einem Satiriker gleich, in diesem Zusammenhang sozusagen über Gott und die Welt. Ja, Aaron I. Greyffszaan machte kaum um etwas einen Bogen, das er nicht lustvoll und mit in der Regel reichlich blasphemischer Kritik hätte anpacken können.

Nun, wie schon erwähnt, „Die nabellose Gesellschaft“ wurde zwar zum Bestseller und half dem Wissenschaftler dadurch, seine Position (zum Beispiel an den Universitäten Saarbrücken, wo er als junger Assistent noch unter Günter Wöhe seine Karriere begonnen hatte, und Göttingen) weiter einzuzementieren; sie hinderte ihn final, wie figura zeigte, dennoch nicht an persönlichen Fehleinschätzungen. Und das war insofern überraschend, als sein späterer Börsen-Fauxpas beinahe etwas von den Fehlern eines diesbezüglichen Anfängers, ja, etwas Stümperhaftes an sich hatte. Erstaunlich … (Oder aber, der Verdacht lag letztlich dann nahe: War ohnedies alles von ihm so beabsichtigt? Wie fast immer – bei diesem ausgesprochen quirligen und überaus originellen Geist – wäre das zumindest denkbar.)

Wie dem auch sei, dass einige der an seinen Theorien zunächst zweifelnde Fachkollegen – etwa der in Cambridge lehrende Hans Magnus Nyrburgh-Kesselzwerg oder Reto Feghfoir, Zürich – bald schon parodistisch von der „nabulösen Gesellschaft“ sprachen, bewies noch knapp vor Greyffszaans tragischem Hinscheiden, wie richtig diese beinahe ingeniös zu nennende Koryphäe mit ihren Thesen gelegen war. Wieder einmal jedenfalls bestätigte sich die Erfahrung: Nur, wer auch Gegenstand des Spotts ist, wird tatsächlich ernst genommen! In der Wissenschaft und überhaupt.

Ja, er war richtig gelegen; doch nun lag Greyffszaan wieder. So richtig – und zwar endgültig.

Nämlich in einer Blutlache auf dem knapp zuvor gereinigten und mittels Wassers besprenkelten Straßenpflaster. Tief unten, an der Basis besagten hoch aufragenden Amsterdamer Bürogebäudes; wodurch sein Sturz in den Tod quasi zusätzlich noch Symbolcharakter erhielt …

*

Greyffszaans Buch hatte es in sich. Ging er doch nicht nur mit den im engeren wie im weiteren Sinn inhumanen Wirtschaftsmethoden des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts streng ins Gericht, die da unter den saloppen Begriffen Turbo-Kapitalismus oder Manchestertum firmierten. Nein, der Amsterdamer Kaufmannsspross jüdischer Abstammung begab sich auch unerbittlich mit den nicht selten trivialen Philosophien und vor allem den nur zu oft hanebüchenen Religionen in Clinch. Mit After-Denkschulen und meist unausgegorenen Sammelsurien voller angeblich ach so spiritueller, in Wahrheit jedoch bloß ziemlich idiotischer Thesen und haarsträubender Pseudo-Lehren, die, wie Aasgeier es nun einmal zu tun pflegten, zielstrebig um den da längst in Agonie liegenden Wirtschaftskörper Welt kreisten.

Wir müssen endlich etwas dagegen tun, dass der schon von Honoré de Balzac voll beißender Ironie formulierte Satz weiter seine Bestätigung findet: ,Hinter jedem großen Vermögen steht ein Verbrechen.’“ So formulierte Greyffszaan sein moralisches Credo an einer Buchstelle prägnant. Und er verwies auf Beispiele aus der aktuellen internationalen Wirtschafts-Wirklichkeit. Dabei demaskierte er mit satirischer Raffinesse die Gier – eben als nicht so besonders charmante Verhaltensweise im Wirtschaftsalltag und im zwischenmenschlichen Umgang, als welche sie im Allgemeinen gern gesehen werde. Denn: „Wann und wo man angeblich besonders billige Produkte anbietet, überall dort sind die Ausgebeuteten nicht weit! Auf dem Rücken irgendeines Schwachen muss sich die spaßige Schnäppchenjagd doch immerhin abspielen. Denn die internationalen Konzerte verramschen nur das, was ihnen sogar im Schleudergang noch etwas einbringt. Meist nicht wenig.“

Für den Moralisten Greyffszaan galt es, radikal vorzugehen und gleichsam die Wurzel ja, das ganze wunderliche Myzelium dieser Gier auszureißen; egal ob es sich um die Gier des Bankers, des Konzernchefs oder des Fußballfunktionärs handelte – oder um die der einzelnen Persom. Diese Gier nach dem leblosen, selbst arbeitsunfähigen, womöglich zuletzt nur mehr virtuell vorhandenen Geld, diesem abgeschmackten Fetisch.

Für den gewieften (theoretisch wie praktisch aktiven) Wirtschaftswissenschaftler – den Betriebswirt wie den Ökonomen – Greyffszaan waren die Regeln des Geschäfts ohnehin klar: Um den Umsatz in einem besonders von den Aktionären („diesen dezent im Hintergrund lauernden ausgesprochenen Gierbeuteln und Hyänen in Menschengestalt“) gewünschten Maß zu steigern, musste man nun einmal zusätzliche Märkte suchen, neue Produkte entwickeln, Konkurrenzunternehmen aufkaufen oder Mitarbeiter entlassen. Oder – alles zusammen.

Einen Indikator für die immer brutalere Vorgangsweise (und die damit einhergehende bedrohlich enger werdende Nähe zur Kriminalität!) sah er übrigens darin, dass sich Unternehmen mit Vorliebe als stärker darstellten, als sie in Wahrheit waren. „Früher wollte man allenthalben, um Steuern zu sparen, eher als schwächer gelten; heute, da sich fast alles ausschließlich um den Wert der Aktie dreht, tut mancher Konzern so, als stünde er weiß Gott wie gut da!“

Auf diese Weise sprengte sein rares Opus spielend den Rahmen einer – noch so amüsant-kritisch geschriebenen – Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre, die sich da mit dem (eher trockenen) wissenschaftlichen Spezialgebiet, mit vertrauten Begriffen wie Betrieb, Produktion und Absatz, auch Investition, Finanzierung und betrieblichem Rechnungswesen zu beschäftigen hatte. Aaron I. Greyffszaans durchaus originelles, ja: kurioses Buch verband vielmehr fundiertes Fachwissen mit zum Teil kecker, doch stets tiefschürfender, wohl auch satirischer Betrachtung, die mit Vorliebe in auch schon entfernt benachbarte Bereiche hinüberlangte. Und dass er just den Religionen sowie den (Amts-)Kirchen und ihren Repräsentanten in dieser geistreichen Kulturgeschichte der etwas anderen Art sein besonderes Augenmerk schenkte, dürfte letzten Endes wohl der eigentliche Grund für den (Verkaufs-)Erfolg der „Nabellosen Gesellschaft“ gewesen sein. Eines Buches also, das als gnadenloser Spiegel das nur allzu oft von diversen Speichelleckern weich gezeichnete Gesicht dieser unserer Zeit, ihrer Politik, ihrer fragwürdigen Idole sowie deren Verstrickungen und Netzwerke, ihrer Wirtschaft und ihres Finanzsystems in seiner tatsächlichen Schrecklichkeit zeigte. Eine ins Merkantile gewandelte „Dorian Gray“-Variation, sozusagen.

Gewiss: Es war in der Tat das rechte Werk zur rechten Zeit. Und es griff unerschrocken die Popanze des Heute an, egal in welcher Ecke verborgen die noch lauerten oder just zu dieser Zeit schon ihr womöglich längst geplantes, nun begeistert beklatschtes Unwesen trieben; in aller Öffentlichkeit und quasi im Rampenlicht. (Dass, wie es bekanntlich immer wieder vorkommt, auch just dieser Bestseller nicht zuletzt von nicht wenigen derer bereitwillig erworben wurde, die gemeint waren mit der knüppeldick herunter-prasselnden harschen Kritik, ehrt das ganze gelungene Unterfangen sowie seinen ironischen Duktus zusätzlich!)

In der Tat wusste der geistreiche Formulierer und wirkungsvolle Schreiber stets, seine Giftpfeile zielsicher abzuschießen: furchtlos, treffend und lustvoll. Besonders den sogenannten Glaubensgemeinschaften – sogar der, auf die sich seine Vorfahren noch eifrig berufen hatten! – sagte Greyffszaan mit seinem grandiosen Werk „Die nabellose Gesellschaft“ den Kampf an. (Hierin erinnerte er nebenbei in gewisser Weise sogar an Baruch de Spinoza und dessen Rationalismus und Pantheismus.) Greyffszaan interpretierte mit merkbarer Freude den Untergang der Kulturen nämlich als weitgehend (vielleicht sogar: ausschließlich) religiös und im Kampf der Religionen miteinander begründet, indem er, der wortgewandte Autor und streitbare Wissenschaftler, in durchaus nachvollziehbarer Weise die Basis allen Übels a) im hoffärtigen Alleinanspruch auf die Wahrheit und b) in der allgemeinen Intoleranz ansonsten sogar in Maßen toleranter Denker ortete.

Die Streitauslöser glaubte er, in erster Linie im religiösen Dunstkreis vermuten zu müssen.

Damit weitete er zudem den potenziellen Leser- (und Käufer-)Kreis seines Buches gewaltig aus. Denn, bitte schön, wer wollte nicht mitreden können bei irgendwelchen Diskussionen, drehte es sich plötzlich zumindest auch um – letztlich heruntergekommene und sogar verschwundene – Hochkulturen?! Und nicht nur um profane Geschäfte?!

Ja, da hörte die übliche Nasenpopelei auf, hatte das, bitte sehr, doch sogar was mit dem lieben Gott selbst zu tun und einmal nicht bloß mit dem schnöden Mammon

Aaron Issak Greyffszaan hinterfragte freilich auch überaus kritisch – zum Exempel – die Christianisierung, „deren kulturhistorische Bedeutung für manche Herrschaften bis heute schlicht und ergreifend ein Grund schier unerträglicher Bewunderung, Hervorhebung, Würdigung, ja: Begeisterung“ sei, „in der sich zu ergehen sie aus völlig schleierhaften Gründen in penetranter Repetition nicht und nicht aufhören können oder wollen.“

Zudem führte der (zugegeben: eher untypische) Volkswirt mit durchaus ernsten kulturphilosophischen Ambitionen aus, dass etwa „die brutale Unterwerfung der Sachsen unter die Gewaltherrschaft der gleich machtbesessenen wie geistig beschränkten Karolinger – übrigens: ein Genozit ersten Ranges! – später dann ein durchaus passendes und nicht minder blutiges Pendant in der nichtswürdigen Kolonialisierung der sogenannten Neuen Welt unter dem Deckmantel der Christianisierung und Missionierung“ gefunden habe. Diese Kolonial-Bestrebungen wiederum verstand er gleichsam „als penetrante Blaupause für die meisten a priori fehlgeleiteten Formen späterer sogenannter Entwicklungshilfe“ und somit als „ein weiteres Beispiel für das Fehlen jeder tatsächlich ehrlich angestrebter Verbesserung etwa der sozialen oder der Bildungs- und Gesundheits-Zustände; überhaupt als Verweigerung positiver Veränderungen. Wobei der ewig gleiche Blick auf den eigenen Nabel jedes intensive Hinschauen auf die noch so schlimme, noch so missliche Lage dessen, den wir in Wahrheit auf Augenhöhe und als Partner sehen und wahrnehmen müssten, immer wieder verhindert. So kann dem Armen einfach nicht effizient und nachhaltig geholfen werden; egal, wie sehr er dessen auch bedürfte.“

Laut Greyffszaan stürben die Hochkulturen nach einer gewissen Zeit ihrer Entwicklung (Entstehen – Zunahme an Fülle – Stabilisation – Dekadenz) ab; so sehr es sich bei ihnen zuvor auch um florierende Gemeinwesen gehandelt haben mochte: „Sie vegetierten dahin, verwelkten, verkümmerten und hauchten zuletzt den verbliebenen, meist kümmerlichen Rest von Geist aus. Wenn es dann gar nicht mehr weiterging und die betreffenden Kulturen zu scheitern und unterzugehen drohten“, heißt es in der „Nabellosen Gesellschaft“, „glaubten ihre Repräsentanten, sich und ihre Hoffnungen an irgendeinen Strohhalm klammern und binden zu sollen.“ Und als Fazit: „Dann galt es meist, einen Messias aus dem nächstbesten Hut zu zaubern. Doch da war es in aller Regel ohnedies längst zu spät.“ Denn: „Dann waren ihnen offensichtlich andere, neue Kräfte bereits über den Kopf gewachsen und hatten sich lange schon und zielstrebig zur Übernahme von Macht und historischer Bedeutung gerüstet.“

Es war tatsächlich interessant zu lesen (und, zumal für einen Betriebswirt, ohne Zweifel eine respektable Leistung, es so formuliert zu haben), was alles zum Himmel stinke – und was gegebenenfalls dagegen zu tun sei. Allein welche Gewährsleute – respektive Verkünder von sogleich und meist mit Bravour zu widerlegenden Gegenmeinungen – Greyffszaan da aufgeboten hatte, um seine Thesen wissenschaftlich entsprechend zu unterfüttern! Der Bogen umspannte Ökonomen wie Philosophen, Theologen und Soziologen und auch Populärwissenschaftler (von Rang); kritische Geister und angepasste Fachidioten, aber auch Hellhörige, Klarsichtige und Dünnhäutige … Da fanden sich – tote und noch lebende – Köpfe wie Uta Ranke-Heinemann, Hans Küng und Karl Rahner ein; aber auch die durch Jahrzehnte im überaus originellen Generationenkonflikt verhafteten Soziologen und Kulturphilosophen Norbert Elias und Hans Peter Duerr; der große alte Mann des humanen Denkens in Europa, der ehemalige Spitzen-Diplomat und Widerstandskämpfer gegen die Nazis, Stéphane Hessel, und die Global-Theoretiker und Wirtschaftsgurus Heiner Fassbeck, Paul Davidson, James K. Galbraith, Richard Koo, Jayati Ghosh & Co.; naturgemäß Jean Baudrillard und André Glucksmann wie auch der beinahe überall und jederzeit kompetente Umbero Eco (mit dem den Niederländer zudem eine über Jahrzehnte dauernde rege Brieffreundschaft verbunden hatte) sowie selbstverständlich US-Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz – und sogar der stockkonservative Joseph Ratzinger (als Papst: Benedikt XVI.) oder der originelle Wiener Ex-Priester und kirchenkritische Geist Adolf Holl. Fehlen durften in der inhomogenen Gruppe der Streitbaren mit ihren kontroversen Standpunkten selbstverständlich nicht Peter Sloterdijk, Klaus Theweleit sowie Gabor Steingart; und natürlich auch nicht Eckhard Henscheid.

Nur – Politiker-Zitate suchte man vergebens in Greyffszaans patentem Buch.

Doch wen wundert es – ein gewisses Niveau wollte er eben nicht unterschreiten!

Die Kirche indes hatte er besonders auf dem Kieker. Dem gewieften Autor ging es merkbar nicht zuletzt auch um das Aufzeigen des – wie er berechtigter Weise glaubte – wahren Gesichts der Amtskirche, das hinter ihrer nicht selten ziemlich grell auf Wohltätigkeit und kulturelles Engagement hin geschminkten Fassade nur all zu gern und all zu leicht übersehen werde. Ja, Greyffszaan war bestrebt, das Heuchlerische, das Tartüff-Artige am erstaunlichen (und oft bloß angeblichen) Sozial- und Kulturmotor Kirche sichtbar zu machen; und so die meist von der Maske des freundlichen, die Künste selbstlos protegierenden Mäzens und großzügigen Auftraggebers bedeckte Fratze zu entlarven. Denn erst hinter dem geschickt aufgetragenen Verputz zeigten sich unversehens die wahren Züge höchst irdischer Gier, inhumanen Machthungers und außerdem noch obszöner fleischlicher Abhängigkeiten in so mancher unappetitlicher Form und Ausprägung. Das galt nicht nur für so exquisite Paradebeispiele aus der – diesbezüglich ohnedies ziemlich skurrilen – Papst-Geschichte, wie etwa für den machtbesessenen Extrem-Hurenbock Alexander VI. aus dem Hause Borgia!

Apropos Päpste: Wäre es Aaron Isaak Greyffszaan noch vergönnt gewesen, den immerhin aufsehenerregenden Rücktritt Benedikts XVI. vom Stuhl Petri anno 2013 mitzuerleben, er hätte diese recht flott zelebrierte Aktion ohne Zweifel als Ratzingers insgesamt positivste bezeichnet; und als die am ehesten in die Zukunft weisende zudem …

*

O ja! Das Buch Greyffszaans hatte es in sich. Es war profund, interessant und unterhaltsam geschrieben zugleich. Und auch dem nicht sonderlich Religions-affinen Maximilian Cicero Borneo, der immerhin ein Leben lang als durchschnittlich erfolgreicher Betreiber halbseidener Geschäfte und mindestens grenzkrimineller Machenschaften gelten durfte, war das, was der kritische Niederländer da so eloquent von sich gab, selbst schon des öfteren aufgefallen: Für die Ausübenden oder zur Ausübung Angehaltenen (also für die quasi Zwangsbeglückten) der meisten sogenannten Welt-Religionen wuchsen der Glaube an die System-immanente Kraft sowie die nach außen hin leuchtende Inbrunst und nahmen naturgemäß auch die Bedeutung der Priesterkaste und das Traditionsvertrauen immer erst dann so richtig an Bedeutung zu, wenn es beim betreffenden Volk oder bei der betreffenden Nation politisch eng wurde.

In diese Kerbe schlug auch Greyfszaan: „Das Judentum erlebte seine geistige Blütezeit nicht von ungefähr während der ägyptischen Versklavung“, führte er aus, „später unter Roms Oberhoheit, noch später dann unter der Knute seiner rigiden Tochterreligion, des Christentums. Jedenfalls blühte die einigermaßen malträtierte Glaubensgemeinschaft mit der unumstößlichen Hoffnung auf einen Messias, der sie aus aller möglichen (meist politischen) Unbill erretten möge, grosso modo da erst so richtig auf; hielt solcherart vor allem weiterhin durch, um die spätere Diaspora und die unzähligen Pogrome zu überstehen; sogar Adolf Hitlers von jeglicher Menschlichkeit entblößte Attacken, hinter denen der grausame Plan der totalen Ausrottung einer ganzen Rasse, eines ganzen Volkes stand – und nicht nur einer Religion.“

Bei anderen spirituell initiierten Gemeinschaften verhielte es sich, äußerte der kühn oft recht weit über den Tellerrand der im Allgemeinen bedenklich engen Wissenschaften blickende Betriebswirt und Ökonom, meist nicht anders; zumindest bei denen nicht, „die einen entsprechend luxuriös ausgestatteten Jenseitsglauben im Gepäck führten. Kein Wunder“, folgerte er, „musste man doch immer wieder versuchen, eine Art Pseudo-Gleichgewicht herzustellen zwischen Verderbnis und Gnade. Und so, wie die Herrschenden sie brauchten, kreierten sie sich auch ihre Gottheiten – optimal als zwischen diesen Extremen oszillierende bizarre Wesen.“

Zumal im Bereich von Tadel und Lob sei das Religions-Pendant im irdischen Leben bis heute permanent spürbar, „nicht zuletzt im Tun einer nichtsnutzigen, unfähigen und zurecht übel beleumundeten Juristerei, deren Fahrlässigkeit überdies die gesamte Legislative dominiert und die nicht minder fragwürdige Exekutive gleich in einem Abwasch mitbestimmt.“

Doch biete der Glaube an ein (womöglich besseres) Jenseits, verbunden mit der Bestrafung der Feinde (wer immer die auch sein mochten) zudem rein PR-technisch den unschätzbaren Vorteil eines Ventils. „Es erinnert diese Instrumentalisierung der Religionen“, ergänzte Aaron I. Greyffszaan süffisant, „frappant an die mit schlotternden Knien vorgebrachte Drohung des kleinen, schwächlichen Buben den stärkeren, ihm feindlich gesonnenen Gefährten gegenüber: ,Dann hol‘ ich aber meinen großen Bruder! Und der spuckt euer Haus an!’“

Bliebe noch „die Frage nach dem Warum des Daseins, also dieser von den Religionen eingeführten irdischen Probezeit.“ Dazu Greyffszaan, angriffig: „Herrscht denn am Ende im Jenseits drüben großer Platzmangel, der eine entsprechende Minimierung des Zustroms notwendig erscheinen lässt? Oder soll bloß die zweifelhafte Ordnung, wie sie auf der Welt herrscht, vielleicht ein bisschen modifiziert, auf besagtes Jenseits ausgeweitet werden? Prolongiert wegen des großen Erfolges und der mehr als nur zufriedenstellenden Nachfrage?!“

Doch da Greyffszaan auch „das bloß angebliche, vorgetäuschte Üben von Caritas und Patientia übrigens: nicht nur bei Millionen römisch-katholischer Christen! – anprangerte und zugleich „das weitestgehend weltliche Bestreben dahinter“ dekuvrierte, das sich obendrein bedauerlicherweise in den meisten Fällen „bloß unter der Schminkschicht einer allzu leicht durchschaubaren, einer bloß pseudo-spirituellen Attitüde“ verbarg, schuf er sich nicht nur Millionen begeisterter Leser, sondern erwartungsgemäß auch einflussreiche Feinde zuhauf.

Und er graste immerhin auch auf den von islamistischen Fundamentalisten beackerten Feldern (was die naturgemäß nicht besonders gerne sahen!), wobei er ihr „nur allzu bereitwillig angestimmtes Friedensgeschwafel als ziemlich scheinheiliges Gelaber“ enttarnte, indem er anmerkte: „Mich überzeugt das alles nicht bei einer Glaubensgemeinschaft, deren Anhängerschaft insgesamt in die Milliarden geht, die jedoch nicht einmal ihre vergleichsweise zahlenmäßig überschaubaren Splittergruppen im Griff hat. Der Islam soll besser erst einmal beweisen, dass er in seinem Bereich für Ruhe und Entspannung zu sorgen vermag!“

Greyffszaan nahm sich freilich auch anderer bizarrer Gruppierungen an und attackierte nicht ohne Verve Scientology, die Zeugen Jehovas, die Adventisten und diverse sonstige aufdringlich missionarische Sekten. Was man auch dort aus verständlichen Gründen nicht widerstandslos akzeptierte. Im Gegenteil, man grollte dem unerwarteten Feind allenthalben.

Nicht genug damit, dass sich der Bestseller-Autor in der „Nabellosen Gesellschaft“ mit den Kirchen, mit der Wirtschaft, der Börse, mit Finanz- wie Bankenwesen anlegte, ritt er indes auch geschickte, hieb- und stichhaltige (und somit weitgehend unparierbare) Attacken, denen es trotzdem nicht an Eleganz mangelte, gegen diverse global agierende Pharma-Riesen und ihre dunklen Machenschaften, gegen Mode-Lables, die inhuman und auf Kosten ihrer unterbezahlten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Milliardengewinne erwirtschafteten, und gegen die mafiöse internationale Film- und TV-Branche sowie gegen die mächtige Agrar-Lobby. In ihren Vertretern sah er „die scheinheiligen Totengräber der Umwelt wie der Zukunft“.

Außerdem verdächtigte er diese blutgierige Meute, ohnedies (und maßgeblich) permanent an der Herstellung diverser Feindbilder zu basteln. Mit diesem Themenkomplex befasste sich wenig später, nämlich 2011, übrigens fundiert und elegant auch Umberto Eco in der Titelgeschichte seiner Sammlung von Gelegenheitsschriften „Construire il nemico e altri scritti occasionali“ (deutsch: „Die Fabrikation des Feindes und andere Gelegenheitsschriften“, 2014).

Doch Greyffszaan verstand es sogar, die angeblich so weltgewandten, durchwegs alerten, sich grosso modo eher kommod und laizistisch gebenden Politiker (nicht selten auch solche aus dem sogenannten liberalen Lager) gegen sich einzunehmen. Da war zunächst seine in einleuchtender Weise dargestellte Ansicht, was überhaupt die Aufgaben vom Staat und seinen Dienern, den Politikern, sei: Das Gemeinwesen solle zwar durchaus auf die sozialen Belange schauen; ansonsten habe es sich jedoch nicht um die Glückseligkeit der Bürger zu kümmern, sondern lediglich um den Schutz der Freiheit. Damit würde die Politik alsausführendes Element fürs Erste schon das Richtige in Sachen Wohlfahrt tun … Obschon diese Denkweise, die sich ohne Frage gegen diverse staatliche Zwangsmittel wandte, schon den Aufklärern eigen gewesen war – man denke etwa an Georg Forsters „Fragment eines Briefes an einen deutschen Schriftsteller“ (1789), der gegen Friedrich Leopold Graf zu Stolberg und dessen Schelte betreffend Friedrich Schillers Eintreten für Denk- und Gewissensfreiheit gerichtet war! -, jetzt, am Beginn des 21. Jahrhunderts, vermochte ein solcher kritischer Hinweis kurioserweise tatsächlich die Politik zu ergrimmen. Erst jetzt – oder noch immer?

Und das in Europa.

Von bluttriefenden afrikanischen und asiatischen Gewaltherrschern oder ideologisch wirren lateinamerikanischen Semi-Diktatoren ganz zu schweigen. Und hätte er nicht final seinen geradezu unübersehbar saublöden (vielleicht sogar gewollt dermaßen dilettantisch wirkenden) Börsen-Bock geschossen, der ihm als späterer Vorwand zu einem vermutlich längst schon bei sich beschlossenen, ergo folgerichtigen Suizid per Sprung vom schon erwähnten Amsterdamer Bürohochhaus diente, ihm wäre mit größter Wahrscheinlichkeit etwas Schlimmes von außen zugestoßen.

*

Spätestens nach dem durchschlagenden Erfolg seines Buches „Die nabellose Gesellschaft“ war seinen Gegnern klar, dass es nun nicht mehr ausreichen würde, den Wissenschaftler als „ein bisschen weltfremden“ und „in der zweiten Midlife-Crisis befindlichen Hans Dampf in allen Gassen zu diffamieren. Auch damit, Aaron Isaac Greyffszaan als „blauäugigen Utopisten“ abzutun, als „realitätsfremden Idealisten-Fuzzi auf dem Sektor Tier-, Natur- und Menschenschutz“ (hört! hört!, Anm.), wie es noch vor einigen Jahren im Zusammenhang mit einem seiner vielbeachteten Auftritte bei einer TV-Talkshow im ZDF zum Thema „Die Gleichberechtigung des Lebens mit dem Kapital“ geschehen war, würde jetzt nicht mehr genügen. Zu bedeutend war allein schon der Popularitätsschub in unleugbar internationalem Ausmaß durch den querbeet diskutierten Bestseller!

Also beschloss irgendeine Lobbyisten-Lobby (oder ein Verbrecher-Syndikat), endlich größere Kaliber aufzufahren und die stärksten Waffen der Meinungsbeeinflussung einzusetzen: die Macht der Fama sowie des Klatsches, der breit gestreuten Diffamierungen und der Verleumdung. Korruptionsvorwürfe, und seien sie noch so fadenscheinig, und das Offenbaren vermeintlicher persönlicher Schwachstellen – es musste doch, verdammt noch mal!, etwas geben, was den Attackierten gegen diesen verhassten Aaron I. Greyffszaan helfen konnte!

Also war plötzlich – verschwommen – die Rede davon, dass er, Greyffszaan, selber Gelder ungeklärter Herkunft erhalten und angenommen habe; und – weniger verschwommen -, dass er homosexuell sei.

Nun, diesen Umstand hatte Greyffszaan nie in Abrede gestellt; und nicht nur ihm war daher unverständlich, warum sein Geschlechtsleben und besonders seine sexuelle Ausrichtung mit einem Mal gegen ihn sprechen sollten. (Wurde nicht immer so viel von Toleranz und geistiger Aufgeschlossenheit geredet? War man nicht offen für alles? Schwebte nicht, wie es schien, die ganze Gesellschaft auf einem Luftkissen aus Liberalität wie ein luxiröses Hovercraft?)

Doch auch das Argument gegen seine unternehmerische Seriosität, dass ihm nämlich irgendwelche obskure Beraterhonorare, Urlaubseinladungen oder ähnliche Bonitäten in reichem Ausmaß zugeflossen wären, ließ sich ziemlich leicht entkräften.

Es war also alsbald alles als böses Gerücht enttarnt.

Doch, wie heißt es so treffend: Wo Rauch ist, darf man Feuer vermuten.

Es blieb was haften. Die Weste wirkte nicht mehr so ganz rein.

Nein, in dieser Zeit ging es dem inzwischen einigermaßen an den Erfolg gewöhnten Greyffszaan vermutlich nicht besonders gut. Und auch die, für deren Anliegen er sich immer eingesetzt hatte, die Schwachen und Hilfsbedürftigen nämlich, sie vermochten, ihm ihrerseits in der jetzigen angespannten Situation keine wirkliche Hilfe zu bieten. Im Gegenteil: Sie erwiesen sich – wieder einmal – als zu schwach. Sie agierten schlichtweg idiotisch, indem sie (warum auch immer) auf Distanz zu ihrem Fürsprecher gingen und sich noch inniger in den Dunstkreis und unter die total verfilzten und reichlich mit Schmutz befleckten Fittiche ihrer verbrecherischen Ausbeuter begaben. Denn auch Opfern lässt sich nun einmal kaum helfen, was dadurch erneut erwiesen wurde, wenn ihre Blödheit ein bestimmtes Ausmaß überschreitet.

So stießen Aaron Issak Greyffszaan zuletzt auch noch die, für deren Anliegen er sich stark gemacht hatte, durch ihre Ignoranz vor den Kopf. Kein Wunder, dass er nunmehr selber Schwäche zu zeigen begann. Und, wie schon angedeutet worden ist, irgend eine der Institutionen, Organisationen oder Vereinigungen – religiöser oder weltlicher Art (oder eine in Verschränkung beider Interessen agierende Formation) -, denen er so munter und konsequent ans Bein gepinkelt hatte seine ganze beachtliche Karriere hindurch, hätte ihm wohl auf alle Fälle irgendwann den Garaus gemacht. Jetzt schien der optimale Zeitpunkt gekommen.

Da sprang Greyeffszaan dann doch lieber selber.

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Erst der Aufsehen erregende Selbstmord des prominenten Betriebswirts, Multi-Wissenschaftlers und vielseitigen Ökonomen – und natürlich die Lektüre der „Nabellosen Gesellschaft“ – machten Max Borneo so richtig hellhörig. Ja, unser Börsen-Gauner wurde, was selten genug vorkam, tatsächlich sensibilisiert. Und ihm fielen plötzlich Dinge (auch angeblich kleine) auf, an denen er früher achtlos vorbeigegangen war. Auch und gerade in religiösen Belangen.

In der Tat wurde, das merkte er jetzt, nach dem Abgang Greyffszaans, erst so richtig, in den diversen Gottesgeschichten ziemlich rüde formuliert. So verwunderte es ihn nun auch nicht weiter, dass in den meisten Glaubensgemeinschaften das Vokabular – sogar für das sogenannte Göttliche und Himmlische – ein weitgehend diesseitiges war; nicht selten ein ausgesprochen martialisches dazu; ein über weite Strecken kriegerisches und von Siegesgewissheit, von schier unstillbarem Rachedurst und der vorweggenommenen Genugtuung über die bevorstehende möglichst grausame Vernichtung der zuletzt unterlegenen Gegner erfülltes.

Da war dann mit Vorliebe von himmlischen Heerscharen die Rede (und nicht von Nächstenliebe); und von einem gerechten, aber überaus strengen und nur allzu gern drakonisch strafenden Gott, der – fuchsteufelswild, wie er manchmal war – schon mal sein Zornesgericht abzuhalten begann, wenn sich die Feinde vordem angeblich entsprechend böse betragen hatten …

Es vermöchte sich allerdings sehr wohl um eine Illusion zu handeln, räumte der vorsichtige Autor ein, glaubte man ernstlich daran, dass sich die Menschheit bessern und deshalb zu endgültigem Frieden tendieren könne; denn nur so wäre ja das ach so gern zitierte Wort des Heraklit vom Krieg widerlegt: als dem Vater aller Dinge … „Ja, ist der Mensch (von seiner Natur aus) überhaupt in der Lage, sich zu ändern, sprich: sich zu bessern?“, fragte Greyffszaan rhetorisch. „Und, was heißt eigentlich sich bessern? Bezieht die Evolution überhaupt auch moralisch-ethische Qualitäten mit ein?! Kümmert sie sich nicht vielmehr ausschließlich darum, ob Flügel besser seien als Schwimmhäute, Haare weniger effizient als etwa Schuppen?!“

Also, zumindest für den kritischen Sozialökonomen aus Amsterdam sah es so aus, als würden sich erst die schon im Untergang begriffenen Kulturen Religionen schaffen; möglichst ausgestattet mit einem praktischen, sehr irdisch ausgerichteten und im Optimalfall allumfassenden Messias-Glauben. Borneo konnte es nachvollziehen. Ja, durchaus.

Völker und Staaten hingegen, resümierte Greyffszaan (und mit ihm sein Leser Borneo), denen es ökonomisch – noch – gut ging, schienen solcher Instanzen nicht zu bedürfen. Daher erachteten sie eine meist preisintensive Priesterkaste, irgendwelche aufwendige Strukturen und legistische Vorkehrungen für den neu zu schaffenden Klerikal-Bereich oder gar für einen besonderen Ritus et cetera erst gar nicht für notwendig. O. K.

Nur dann, wenn das Pendel der politischen Entwicklung gegen die betreffenden Völker, Stämme, Nationen oder Staatsgebilde ausschwang und eine gröbere (womöglich: multilaterale oder gar globale) Veränderung bevor stand, wenn die Kacke also definitiv am Dampfen war, gingen die Hochkulturen, solchermaßen religiös vorgeblich gestärkt, voller neu-aufgepäppelten Gottvertrauens und gleichsam Unglücks-trunken, vergleichsweise rasch, also in ein paar Jahrtausenden (kaum, dass der Prozess je länger gedauert hätte!), endgültig unter.

Dann parkten sie ein in den dunklen Depots der Geschichte“, schrieb Greyffszaan, „wo schon ihre dereinst ach so glanzvollen Vorgänger-Kulturen endgelagert waren; die Babylonier und die Assyrer, die alten Ägypter, die Japaner und Chinesen; diverse insulanische und indianische Hochkulturen; die antiken Griechen, Römer und Germanen. Et cetera. Und jetzt sind gerade die Juden dabei. Als nächstes werden es dann die Vertreter des Islam sein.“

Maximilian Cicero Borneo sah keine Veranlassung, dem nicht beizupflichten.

Aber, warum war das nun einmal so?

Da hatte der geniale Volkswirt Greyffszaan verschiedene Theorien im Angebot (die ihn allerdings selbst fast alle nicht restlos zufrieden zu stellen vermochten); etwa die von ihm am ehesten noch zu vertretende These, dass der Mensch – in seiner individuellen wie in seiner sippschaftlichen Struktur – völlig ungeeignet sei für ein längeres, somit ein ganze Ären oder Epochen überdauerndes Dasein. „Der sogenannte homo sapiens vermag nun einmal nicht weiter als bis zu seinen Zehenspitzen zu sehen“, drückte der gewiegte Bestsellerautor dieses Unvermögen plastisch aus, „geschweige denn über irgendeinen Tellerrand.“ Einerseits fehle es dem Menschen nämlich just an dem, was er dann andererseits in schädlichstem Übermaß besitze: an Mut. „Dieser Dolm schwankt andauernd zwischen den Antipoden Zaghaftigkeit und Tollkühnheit, Angst und Übermut, Furcht und sinnlosem Schneid!“

Was Greyffszaan besonders ärgerte (und worin er ein hervorstechendes Übel sah), war die gleich permanente wie sinnlose Suche des Menschen nach Halt. „Weil er aus sich selbst kaum etwas zu schöpfen vermag, zitiert er ständig aus der Geschichte; er seziert sie, weidet sie nach diversen Exempla und Schemata aus und überhöht sie zu schlechter Letzt auch noch zur alles wissenden Lehrerin! Doch der Stumpfsinn, der im Dummwort kulminiert: historia est magistra vitae, offenbart ohnedies schon die totale Denkunfähigkeit des ganzen menschlichen Geschlechts. Da könnte man gleich dem Beipackzettel eines Arzneimittels namens Überleben vertrauen, das einem ein schlitzohriger Dr. med. Allwissend eilfertig verschrieben hat!“

Seine ausgesprochenen Ekel-Gegner ortete Greyffszaan freilich stets im Lager der scheinheiligen Priester und alerten Lobbyisten, somit in der (pseudo-)spirituellen und säkularen Duo-Erscheinung der vorgeblichen Heilsbringer und Lichtgestaltenhier in religiösen Bezirken, da auf dem Banken-, Wirtschafts- und Finanzsektor. Ihnen galt in der Tat die zugespitzte Polemik des gleich klarsichtigen wie satirisch-kritischen Niederländers. Und sein Zorn entflammte an diesem nur scheinbaren Gegensatzpaar, das in Wirklichkeit siamesich-zwillingshaft verwachsen war und mit nur einem gemeinsamen Blutkreislauf ausgestattet; geeint im Bestreben, die Menschheit mit Seele und Leib auszusaugen, wie man es ansonsten nur noch von den abgrundtief-schlechten, daher auch bloß sagenhaften transsilvanischen Vampiren, diversen Zombies und verwandten pervertierten Untoten erwarten hätte können.

Doch schlecht waren sie und auch ihre diversen Kumpane und Helfershelfer.

Und all diesen Unholden, den Priestern und sonstigen Lobbyisten, den angeblich heiligen Vätern, den Rabbis, Mullahs und Muftis, den falschen Jogis, Designern, Modemachern und Merchandising-Fuzzis und den anderen üblen Medien-Gestalten, dann den gespielt treuherzigen ideologischen Gebetsmühlen-Betreibern, den in teures Tuch gekleideten Bankern, den adretten Börsen-Knechten, den Bütteln der Agrar- und Pharmakonzerne und den übrigen eleganten Mammon-Anbetern, die allesamt so gern als Biedermänner getarnt daher kamen und solcherart saturiert nach luxuriösem Wohlleben strebten, riss Greyffszaan mit Vorliebe die Larve der Freundlichkeit und des Edelmuts von ihrem in Wahrheit vor Gier, Neid und Geiz verzerrten Antlitz! Ihnen und seinen ganz besonders widerlichen Feinden – den Politikern. In ihnen, die sich, selbst die Personifizierung des Mittelmaßes, dem unerheblichen, intellektuell desinteressierten Mainstream andienten mit all ihrer Kraft, erkannte er letzten Endes die scheußlichsten Exponenten des endgültig alle noch vorhandenen guten Anlagen bedrohenden und vernichtenden, des wie dereinst das Goldene Kalb angebeteten vorgeblichen Fortschritts um jeden Preis.

Zudem brandmarkte er als geradezu fahrlässig, dass man diese verantwortungslosen Tröpfe in der Tat für ihr permanentes Fehlverhalten und die von ihnen durch Dummheit, Ignoranz oder böse Absicht verschuldeten Pleiten und Pannen kaum jemals zur Verantwortung zog!

Es geht nicht an“, schrieb er, „dass es uns genügt, wenn diese geistigen Fehlzünder behaupten, alles Mögliche ,auf Schiene gebracht‘ zu haben; sie mögen uns gefälligst endlich einmal auch die Richtung verraten, in welche sie den Zug dann zu lenken vor haben!“

So gab sie wenigstens Greyffszaan der verdienten Lächerlichkeit preis.

Wenn es sich um die Politiker dreht“, donnerte er, „sind wir überhaupt nur vor die an sich schon fragwürdige Wahl zwischen Pest und Cholera gestellt. Sie sind nämlich entweder (meist in Tateinheit) korrupte Verbrecher und geldgierige Sesselkleber; oder aber, es handelt sich um blutige Amateure, untalentierte Anfänger und unfähige Partei-Domestiken, die nicht einmal die geringsten Voraussetzungen zur einigermaßen zufriedenstellenden Erfüllung irgendwelcher Aufgaben mitbringen. Welche von beiden Gruppen sollte uns da lieber sein?“

*

Es war weiter nicht verwunderlich, dass er neben den Politikern, Theologen und den Philosophen, die sich in seinen Augen grosso modo als „durch Gewöhnung denkunfähig geworden oder a priori geistlos“ erwiesen oder bestätigten, besonders die Juristen zum Ziel seines Spottes, seiner Ablehnung und Abscheu erkor. (Die Mediziner klammerte Greyffszaan weitgehend aus, da er ihr Fach von Haus aus nicht als Wissenschaft empfand. Und für die Naturwissenschaften und technischen Disziplinen fühlte er sich erst gar nicht zuständig. Ihr Glück.)

Aber für die Rechtswissenschaften hatte er in erster Linie Häme übrig, warf er dem von ihnen beherrschten schmierigen Metier doch – hierin Johann Wolfgang von Goethe nicht unähnlich, der, selbst studierter Jurist, es immerhin wissen musste – die „elementare Diskrepanz zwischen Recht und Rechtsprechung vor. „Was manche sogenannte Rechtsanwälte, oft die charakterlosesten Vertreter dieser Zunft, im Auftrag ihrer dunklen Hintermänner besonders in Fragen des Finanzwesens veranstalten“, ließ Aaron Isaak Greyffszaan in seiner „Nabellosen Gesellschaft“ eine wahre Schimpf-Kanonade von Stapel, „widerspricht jeglichem natürlichen Rechtsgefühl und tangiert nicht selten in grenz-krimineller Weise sogar auch noch bloß rudimentärstes Empfinden von Gerechtigkeit und längste Zeit hindurch geübtem Rechtsbrauch.“ Und er ergänzte anklagend: „Manche Herrschaften dehnen dabei den Rechtsrahmen über jede Gebühr und fallen durch zumindest an Malversation erinnernde Kreativität auf; sowie durch permanente Beugung des Rest-Rechts und durch die Schaffung weitestgehend von wahrer, ursprünglicher Juris-Prudenz gesäuberter und befreiter Räume! Ich sage ihnen den Kampf an, weil sie dumm sind, gierig oder korrupt; und nicht selten – alles das auf ein Mal!“

In der Tat erschütterte den streitbaren Bestseller-Autor „die Unverfrorenheit mancher Juristen, die sich nur allzu gern zu willfährigen, bestbezahlten Bütteln des Kapitals machen“ ließen. Erlaubten sie doch (und ermöglichten mitunter sogar erst), fuhr er fort, durch ihre durchaus verbrecherische und jedenfalls völlig verantwortungslose Vorgangsweise, „dass dort Bonitäten erworben und Wissensvorsprünge errungen werden können, wo in Wahrheit – wenn überhaupt, dann – virtuelles Vermögen, Schein-Transaktionen und heiße Luft im Spiel sind.“

Es verwundert nicht, dass Aaron Isaak Greyffszaan, wenn er schon die diversen (pseudo-)universitären Disziplinen nach einander vor sich herfotzte, just mit der Psychologie hart ins Gericht ging. „Dieser reichlich bizarre Wissenschafts-Bastard und obskure Geistes-Hybrid“, holte der Niederländer gezielt aus, „zeitigt immer noch frech die schauderhaftesten Früchte! Da tauschen sich irgendwelche Gedanken-ferne Hirn-Lemuren auf dem billigen Niveau von Stammtisch und Fernseh-Talk-Show aus; da trachten diverse selbsternannte Gurus, echte Flachgeister und Hohlköpfe, sich in schleppende Diskurse einzubringen; da versucht man jedenfalls, (wenigstens) sich selber allenthalben heftigst zu verwirklichen …“ (Borneo fand übrigens nicht zuletzt der durchaus gelungenen Übersetzung ins Deutsche wegen Gefallen an Greyffszaans Rundumschlag. Und die stammte von einem gewissen Stephan Faber.)

So sehr der profunde Betriebs- wie Volkswirt, soziologisch, philosophisch und theologisch zwar hochbegabt dilettierend, doch als echter Liebhaber und mit dem notwendigen Rüstzeug des Fachmanns versehen, die dunklen Mächte attackierte, so sehr war er sich allerdings auch der Grenzen seiner Wirkungsmöglichkeiten bewusst. Und die lagen nun einmal im Menschen selbst. „Es wird immer Zeiten geben“, führte Greyffszaan in einem Kapitel der „Nabellosen Gesellschaft“ denn auch leicht resignativ aus, „in denen der Sklave Mensch es zulässt, dass kirchliche oder weltliche Zensoren sein Tun und Lassen kontrollieren, einschränken und sogar rigoros bestimmen. Dann singt zwar im Hinter- oder im Untergrund leise ein gemischter Chor aus Bettlern, Obdachlosen und Aussätzigen das schöne Volkslied ,Die Gedanken sind frei!‘; jedoch nur so lange, bis er von unmenschlichen Polizeiorganen brutal niedergeknüppelt und hernach weggebracht wird – einer in der Tat ziemlich sicheren Zukunft entgegen …“

Indes: Der „eben verklungene Chor der gemischten Gefühle“ könne auch nicht darüber hinwegtäuschen, „dass wieder einmal die Sklavenaufseher (selbst Sklaven, doch privilegierte) der so tadellos funktionierenden Ordnungsmacht applaudierten; bevor sie, den Blick hündisch zu Boden gerichtet, die Scheiße, das Gekotze und die Pisse ihrer Herren mit allen Zeichen kulinarischen Genusses aufsaugten vom dreckigen Asphalt und demütig verinnerlichten.“

Etwas war Maximilian Cicero Borneo übrigens an Greyffszaans Buch „Die nabellose Gesellschaft“ sogleich aufgefallen: Der niederländische Tausendsassa redete engagiert einer „strikt zu akzeptierenden Gleichberechtigung der Frau“ das Wort. Dabei glaubte er freilich, „leider immer noch notwendige Hinweise auf die nun einmal bestehenden Unterschiede der Geschlechter“ nachreichen zu müssen. Zu recht. Nur sah er die nicht so sehr in den ihnen von der Gesellschaft (oder der just herrschenden Ordnung) zugewiesenen Funktionen begründet …

Die Forderung nach gegenseitiger vorbehaltloser Anerkennung zwischen den Menschen – also auch zwischen Frau und Mann – muss“, so Greyffszaan, „nun einmal die Basis und den Hintergrund bilden für unser aller gesamtes weiteres theoretisches Denken und prinzipielles Handeln. Das allein forciert letztlich die Bildwerdung einer Vorstellung von dem, was Welt im Eigensinn zu sein (beziehungsweise: zu werden) hätte. Nein: zu sein hat.“

Das saß.

Doch: Der es aussprach, der – wie sich zuletzt zeigte – gesellschaftlich bis hin zur Ausgegrenztheit (als Schwuler) hin erniedrigte und attackierte Autor, wurde zuletzt sogar von denen allen im Regen stehen gelassen, für die er immer da gewesen war, denen er geholfen hatte mit Worten, Geld und Einfluss. Für die er so manche Lanze gebrochen hatte. Immer wieder.

Greyffszaan, der sich überhaupt stets auf die Seite der Schwachen gestellt und eben daher natürlich auch für das Recht der Frauen gekämpft hatte, vermied es zwar, sich zu verbrüdern (etwa mit selbstverliebten Softies in ihrem telegenen Weltschmerz) und zu verschwestern (zum Beispiel mit irgendwelchen schrillen Extrem-Emanzen).

Doch nun stand er allein da.

Ja, sogar seine langjährige Lebenspartnerschaft zerbrach an den enormen Belastungen.

Alles war aus. Gelaufen. Vorbei.

Greyffszaan war eben doch ein Utopist gewesen.

Wie gesagt, Maximilian Cicero Borneo tat es im Herzen leid, Aaron Isaak Greyffszaan nicht zu seiner Klientel gezählt haben zu dürfen. Denn auch von einem ausgemachten Utopisten wie diesem hätte es für ihn einiges zu lernen gegeben.

Allerdings wäre Borneo vermutlich die Vorliebe des Niederländers für Krawatten mit Paisley-Muster gewöhnungsbedürftig erschienen. Galt er selbst doch strikt als auf einfarbige, vielleicht noch dezent gestreifte Selbstbinder abonniert. Mit gleichfarbigem Stecktuch.

Doch jetzt war es zur Bekanntschaft der beiden Männer der Wirtschaft eindeutig zu spät.

Fortsetzung folgt!

 

Der Volksmund und sein Zahnarzt.

Auf Halmgurth war Verlass. Wenn schon zum Zahnarzt, dann zu Dr. Joachim Halmgurth, so lautete die Devise. Noch dazu war der anerkannte Kieferexperte ein alter Freund Borneos. Und der liebte es geradezu, hierher zu kommen; nicht zuletzt, weil in dieser wohl-eingerichteten Praxis ein Großteil der Banker, Wirtschaftstreibenden, aber auch Politiker, Spekulanten und verhinderten Wallstreet-Adepten der verschlafenen Stadt verkehrte. Zugegeben, auch mancher Möchtegern-Börsianer verirrte sich, von teuflischem Zahnweh geplagt und nach telefonischer Voranmeldung, hierher; und auch manche geistig inferiore Generaldirektors-Witwe (von Borneo insgeheim gern als Persianer bezeichnet) und noch anderes Geldgesindel gab sich gleichsam ein Stelldichein in Dr. Halmgurths Praxis. Doch konnte man sich hier, am Hof des Zahnkaisers, sozusagen: aus erster Hand in den Mund, über den (Zahn-)Goldkurs orientieren und bequem die diversen pekuniären Schwingungen ringsum registrieren …

Borneo liebte die Nachmittage beim Privat-Edel-Dentisten, zumal mit seinen neuen Dritten (klar, doch: aus Halmgurths Praxis!) ohnedies alles in Ordnung war, seine Anwesenheit in der Ordination folglich eine absolut schmerzfreie zu bleiben versprach. Aber nichts desto weniger: eine in aller Regel sehr informative.

Borneo schmökerte pro forma in den ausgelegten Illustrierten, die durch ein paar Kriminalromane aus der privaten Bibliothek der lesefreudigen und charmanten Zahnarztgattin ergänzt wurden, und lauschte insgeheim mit Spannung dem, was sich da einige von Halmgurths Klienten zu sagen hatten – in ihrer Kiefernot und Kariesbefangenheit, Spritzenphobie oder ganz profanen Angst vor weißen Arztkitteln. Ja, da schrumpften die Helden von Börse und Bank merkbar auf das Normalmaß ihrer teils mickrigen Persönlichkeiten. Schweißtropfen standen manchem sonst so verbindlich grinsenden Kommunalpolitiker da auf der inhaltslosen Stirn; und mancher Exponent von Wirtschaftsbund oder Industriellen-Vereinigung vergaß kurz auf seine kammeralistische Contenance, nahm durchaus kindische Züge allgemeiner Ängstlichkeit an und schien knapp vorm In-die-Hosen-Machen zu stehen – oder besser: zu sitzen.

Dies alles gefiel Maximilian Cicero Borneo, zugegeben, schon sehr. Ja, der allgemeine Horror vor Bohrer, Pumpe und Schlauch, Injektionsnadel, Skalpell und Spiegel konvenierte ihm ausgesprochen.

Doch die Damen und Herren aus den Direktionsetagen – es gab da nämlich auch ein paar Quotenfrauen mit Dentalproblemen – quäkten zwischendurch so wunderhübsch aus ihrem Nähkästchen. Da wurde dem in der Regel unerkannten (weil weitgehend unbekannten) Lauscher die Zeit nie lang! Umnebelt von der Angst vor möglicherweise bevorstehender Pein oder tatsächlich unter den nebulösen Nachwirkungen erst langsam nachlassender Injektionen stehend, gab der eine oder die andere oft ausgesprochen interessante Interna aus dem insgesamt alles andere denn bizarren Wirtschaftsleben preis.

Und Borneos Ohren weiteten sich zusehends ob des nicht selten unerhörten Gehörten.

Es war ein Pflichttermin für den Wirtschaftsgauner. Schlechthin ein Pflichttermin.

Da ließ er sich schon immer wieder einmal irgendeine (oft auch fadenscheinige) Ausrede einfallen für seinen Freund Joachim Halmgurth, einen Termin betreffend. Und Borneo brachte auch manche Flasche Cognac von dessen Lieblingssorte vorbei. (Pflege dein Vieh, es lohnt dir die Müh‘, lautete – frei nach dem Spruch seines alten Geschichte-Lehrers am Gymnasium – hierin Maximilians Maxime. Außerdem trank er ganz gern mit dem Spezi aus frühen Tagen was Gescheites. Prost!)

Was Max Borneo da, verschanzt hinter Lesezirkel-Journalen oder Krimis, aufschnappte, war nicht selten brisant. Ein kommunalpolitischer Newcomer etwa, dessen Gebiss sich, warum auch immer, in ziemlich kariösem Zustand befinden musste, was allem Anschein nach die öfteren Besuche bei Dr. Halmgurth notwendig machte, dieser Polit-Fuzzi zum Exempel verriet hinter vorgehaltener Hand seinem Sitznachbarn, einem recht namhaften und gewieften Bankdirektor (der glücklicher Umstände wegen noch nicht einsitzen hatte müssen), dass die Stadt nun – streng geheim, verstehe sich! – Anstalten treffe, ihren restlichen Grundbesitz bezirksweise an irgendwelche windige Investoren aus Russland zu verscherbeln.

Einmal befand sich sogar der Herr Bürgermeister selbst unter den Zahnmaroden. Doch konnte er aufgrund akuter Dentalprobleme den Mund kaum aufmachen. Was unserem Maximilian freilich gar nicht konvenierte …

Dafür allerdings, dass auch den übrigen Patientinnen und Patienten Dr. Halmgurths im Allgemeinen, wie man meinen sollte, der Mund (oder dessen Innenraum) in erster Linie weh getan haben dürfte, quatschten sie immerhin einigermaßen reichlich vor sich hin. Und, ob aus Langeweile, aus purem Masochismus oder aus Wichtigtuerei, egal, einige von ihnen hatten dann wohl auch für die Ohren Borneos, der sich selbst in den meisten Fällen mit seinen Äußerungen eher diskret und dezent zurück hielt, Unterhaltsames und Hörenswertes auf Lager. Zwar nicht unbedingt und immer die brisantesten Neuigkeiten in Sachen Wirtschaft, Banken, Börse und Finanzen oder betreffend die diversen Steuerparadiese, unerwartete Kursstürze und die globale Geldkriminalität, doch immer wieder Interessantes. Allemal.

So ließ ein gepflegter, weißhaariger und auch schon etwas älterer Herr, seines Zeichens ehemaliger Mathematiklehrer (oder Physiker, da war sich Borneo nicht so ganz sicher) an der Universität, durch erstaunliche Aussagen zu den diversen Staatskörpern der Insekten aufhorchen; sprach er sich doch, zum Exempel, dezidiert gegen die „allgemein kaum hinterfragten Privilegien der Bienenköniginnen“ aus und zieh „die diesbezüglich immer noch einseitige zoologische Forschung“ gar der „bewussten politischen Verfälschung“.

Die Krone setzte Prof. Dr. Eduard Löhrbaum seinen geistigen Interventionen schließlich dadurch auf, dass er eines schönen Nachmittags dann den französischen Aufklärer Julien Offray de La Mettrie ins Spiel brachte. Dieser originelle Arzt, Philosoph und materialistisch-atheistischer Satiriker aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war in Frankreich nicht zuletzt von seinen eigenen Aufklärer-Kollegen – vor allem von den Enzyklopädisten Denis Diderot und Jean le Rond d’Alembert, doch auch von Jean-Jacques Rousseau und Fancois Marie Arouet de Voltaire – entschieden abgelehnt und angefeindet worden und daraufhin an den Berliner Hof Friedrich II. (des Großen) emigriert, dessen gebildetem Hofstaat er dann über Jahre angehörte. La Mettries programmatisches Werk „L’homme machine“ (Der Maschinenmensch) führte, wie es sich gehört, über längere Zeit zu verbissenen Gelehrtenstreitereien; verhalf er dem als seelenlos interpretierten Menschen doch immerhin dazu, sich von jeglicher persönlicher Schuld zu exkulpieren. „Und davor scheuten sogar die deistisch eingestellten Enzyklopädisten zurück, waren doch Repressalien der um ihren Einfluss bangenden kirchlichen Obrigkeit vorauszusehen“, wie Löhrbaum resümierte.

Der Vergleich des Menschen mit einer Maschine war zwar auch damals nicht mehr so ganz neu“, führte Prof. Löhrbaum weiters mit Schwung, sonorer Stimme und geschwollener Backe aus, „doch dass sich Julien Offray de La Mettrie so ungeschützt ziemlich weit aus dem Fenster der Wissenschaften seiner Zeit hinauslehnte und zudem offen feindselig gegen geltende religiöse Anschauungen aussprach, sollte uns Nachgeborenen immerhin noch Hochachtung abringen! Wie weit her es mit den monistisch-naturalistischen Spekulationen des Franzosen tatsächlich gewesen ist, soll uns da freilich nicht besonders tangieren.“

Aha, dachte Maximilian Cicero Borneo.

Immerhin“, schloss Löhrbaum sein Minireferat, „verstarb der scharfsinnige Denker, angriffige Gelehrte und unterhaltsame Tischgenosse anno 1751, erst 42-jährig, nach dem Verzehr einer riesigen getrüffelten Fasan-Pastete. Ob die vielleicht vergiftet war …?!“

Zwar erhellte dieser Blick auf das letzte Abendmahl des Gelehrten aus Saint Malo in der Bretagne, der da also zu Potsdam eine Zeitlang neben Voltaire und anderen Kapazitäten im Dunstkreis des vielseitigen Preußenkönigs zugebracht hatte, Borneos Wissensstand nicht unbedingt; und auch der Umstand, dass Martin Walser in seinem Roman „Der Augenblick der Liebe“ intensiv auf Julien Offray de La Mettrie verweist, hätte ihm nicht weitergeholfen – da er diese Prosa des deutschen Schriftstellers aus dem Jahr 2004 schlichtweg nicht kannte.

Doch da kam Maximilian die gleichsam analoge Idee eines seelenlosen, den Maschinen gleich funktionierenden Finanzkörpers; und die faszinierte ihn dann ja doch. Da merkte er eine gleich reizvolle wie einigermaßen beängstigende Parallele zur aktuellen Wirtschaftslage. Nur dass sich die heutige, auf die Spitze getriebene Form des Kapitalismus um Fragen nach Gott, Schuld und Religions-Kompatibilität überhaupt nicht mehr zu scheren hatte. Sogar den Menschen durfte sie getrost außen vor lassen und aus der Rechnung nehmen; die er – um im Bild zu bleiben – allerdings irgendwann, vermutlich: bald, bezahlen würde müssen …

Doch Max schwieg vorsichtshalber und sah nur, quasi getarnt und mit versteckter Neugier, weiterhin in die erstaunliche Runde. Da wurde er unter anderem noch eines zweiten Schweigsamen gewahr, den er mit geübtem Auge (und somit völlig richtig) als Berufs-Erben einschätzte. Es handelte sich bei dem anderen Patienten allerdings um einen echten, tatsächlich Zahnleidenden; um einen gewissen Joachim Siebenrohr. Und, das konnte freilich zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnen oder gar wissen, ihre Wege würden sich später nochmals kreuzen. So klein war diese angeblich so große Welt in Wirklichkeit!)

*

Manchmal freilich waren die Aufenthalte des (vorgeblich unter irgendwelchen obskuren Kieferschmerzen leidenden) Wirtschaftskriminellen Maximilian Cicero Borneo in der Praxis von Dr. Joachim Halmgurth auch nur im weitesten Sinn unterhaltsam; auch wenn sie in solchen Fällen so gut wie gar nichts für das Geschäft brachten. Immerhin kam er mit durchwegs skurrilen, ja: platterdings bizarren Typen zusammen. Das war erfrischend, und insofern dienten die Sitzungen beim Edeldentisten Dr. Halmgurth sogar Maxens Seelenhygiene.

Da tauchte beispielsweise immer wieder eine – wie sie nebenbei verlauten ließ – mit langwierigen Wurzelbehandlungen gestrafte Bibliothekarin mittleren Alters auf, die allem Anschein nach eine recht intime Kennerin des Arbeiterdichters Theodor Kramer und seines Werkes war. Frau Dr. Emma Kalchreuth wirkte insgesamt zwar so säuerlich wie eine Großpackung Zitronen-Drops, Geschenk-mäßig verpackt in ein etwas zu eng bemessenes graues, schon leicht abgewetztes Kostüm aus dereinst bestimmt teurem englischem Stoff, war jedoch gar keine so üble Rezitatorin; was sie zwischendurch auch unter Beweis stellte. Und, einmal in Laune, trug sie dann, dickbackig und vermutlich mit intensiv entzündetem Mund-, Kiefer- und Rachenraum, Piecen aus der herb-schönen sozialkritischen Liebeslyrik des originellen Poeten aus dem niederösterreichischen Niederhollabrunn vor, der, im Jahr 1939 vor den Nazis nach England emigriert, 1957 nach Wien zurückgekommen und ein Jahr später gestorben war. Und der sich eine späte Renaissance, wie Frau Dr. Kalchreuth richtiger Weise anmerkte, durchaus verdient hätte. (Längst schon, übrigens! Anm.)

Ja, es lag einiges an Mehrdeutigkeit und mindestens zweifach erfühlter Schmerz darin, wenn Frau Dr. Kalchreuth mit vor Krankheit strahlenden Augen etwa die Schlussstrophe aus dem Gedicht „Hinterm Riesenrad“ des vortrefflichen Dichters der Neuen Sachlichkeit vortrug:

Offen hält der wehe

Mund sich unterm Laub

für des Flieders Nähe,

für den bittern Staub.

Kurz nur ist das Stöhnen,

schmeckt nach gar nicht viel;

und von ferne tönen

Rad und Ringelspiel.

Nur bedingt als mitteilsam erwies sich neben den Genannten auch noch ein alter, meist grantig und einsilbig auftretender Hofrat (im Ruhestand) aus dem höheren Landesdienst, den Maximilian C. Borneo vom Sehen vorher schon gekannt hatte. Er hieß Dr. Heinrich Bornholz und zitierte, wenn er sich tatsächlich einmal an einem der Diskurse beteiligte, bevorzugt mehr oder minder Passendes aus den „Essais“ des Michel de Montaigne.

Dass die Rede im Wartezimmer meist schleppend vor sich ging, war übrigens zum größten Teil der durch die Behandlung bewirkten Schiefmäuligkeit der Patienten geschuldet und suchte in in aller Regel in den obligaten Nachwehen irgendwelcher Injektionen ihren Grund. Es war erstaunlich, aber die Damen und Herren wirkten in einer kuriosen Art und Weise teils gedämpft, teils irgendwie high.

Hofrat Bornholz warf, nicht unpassend für die Runde der von Schmerzen mehr oder weniger Gepeinigten und quasi in Kontradiktion zu Max Borneo, der den Maladen ja nur spielte, sich insgeheim indes bester (auch oder just dentaler) Gesundheit erfreute, Ausschnitte aus dem Artikel 25 des Zweiten Buches („Man soll sich nicht krank stellen“) ein und merkte an: „Suchen wir die Ursache unserer Krankheit nicht außerhalb von uns, denn sie steckt in uns, sie ist in unserm Inneren eingepflanzt. Und gerade, dass wir uns nicht krank fühlen, macht unsre Gesundung umso schwieriger. Wenn wir nicht rechtzeitig beginnen, uns aufzuhelfen, wann sollen wir dann all unsre Wunden versorgen, all unsre Leiden auskurieren?“

Damit wussten nun tatsächlich weder die von Schmerz gebeugten Patienten, die gerade darunter zu leiden hatten, dass sie sich eben nicht „nicht krank“ fühlten, noch der heuchlerische Lauscher, der hier den Gepeinigten zu spielen hatte, etwas anzufangen.

Da war dann wohl auch Michel de Montaigne mit seiner Weisheit am Ende.

Immerhin hätte es Maximilian Cicero Borneo zu denken geben können, was Hofrat Bornholz nicht zitierte, was jedoch im selben Kapitel sehr wohl auch vermerkt steht: „Jedenfalls habe ich von vielen Beispielen erzählen hören, in denen Leute, nach dem sie sich krank gestellt hatten, es wirklich geworden sind.“

Galt das (für Borneo ohnedies, aber) nicht irgendwie auch für das internationale Geld? Für das – je nach Gut- oder Schlechtdünken – gesund- oder krankgeredete Banken- und Finanzsystem? Für die – wie man es eben just wollte – florierende oder moribunde Wirtschaftslage?

Das hätte Borneo in der Tat nachdenklich stimmen können. Doch, wie gesagt –

Summa summarum verliefen die Sitzungen bei Dr. Joachim Halmgurth instruktiv für Maximilian Cicero Borneo. Und er empfand diese (nicht selten sogar gewinnbringenden) Exkursionen in fremde Schmerzbezirke – nichts für ungut! – als weitgehend angenehm.

Jaja, des einen Leid, des anderen Freud‘. So spielte das Leben. Eben.

Und dass auch für ihn und seinesgleichen irgendwann dann der Zahltag kommen würde, war ohnehin längst schon abzusehen.

Fortsetzung folgt!

 

Letzte Botschaft von Olga.

Von manchen Weinbauern, die nun einmal mit Leib und Seele Winzer sind, wird berichtet, dass sie sich keinen schöneren und also auch keinen passenderen Tod vorstellen könnten, als in ihrem Lieblingsweinkeller leblos vom Hocker zu sinken; ob von der Schwere ihrer Fettleber hinabgezogen zum lehmigen Boden oder entsprechend geerdet durch die beständige Promille-Zufuhr – egal. Immerhin, stimmungsvoll und geziemend; vor sich noch eine im Kerzenschein mild schimmernde Karaffe. Die allerletzte, vom besonders guten Rebensaft, der ihnen Bestimmung war: Rebensaft als Lebenssaft …

Warum, so fragen wir daher, sollte eine durchaus begabte, in die Jahre gekommene Pianistin nicht mittels Flügel zu Tode kommen? (Man konnte die gute Nachrede förmlich schon hören, wie sie allenthalben durch Gänge und Stiegenhäuser, durch Salons, Schlafzimmer und Boudoirs wisperte, diese endlich einmal zum Positiven gewendete Fama: „Oh, Olga? Sie war ein Engel, inmitten ihrer Flügel …“ – „Ach, ja! Ein Engel!“ – „Jaja!“ – „Ein Engelchen, was wohl anderes?!“ – „Und … jetzt erst …“)

In der Tat: Bei Olga, der inzwischen auch schon leicht vergreisten Gräfin Prunst-Guhselheim (von Natternburg-Hoffstätten) begab es sich auf nämliche Weise. Abends noch hatte sie nach einem eher frugalen Mahl noch ein wenig Chopin gespielt. Dann, auf einmal, war ein deutlicher Miss-Akkord zu hören gewesen (sagten Helene, ein braves Mädchen aus der Küche, und der alte Kammerdiener Jean-Jacque auf polizeiliche Befragung hin übereinstimmend aus); und als man nach der Gräfin zu sehen sich beeilte, war jene, halb unter dem schweren Deckel eines ihrer geliebten Bösendorfer eingequetscht, schließlich entseelt vorgefunden worden.

Ihr letzter Gedanke galt noch Franz Liszt (wollen wir einmal annehmen), für den sie immerhin eine lebenslange innige Verehrung empfunden hatte; obschon – oder gerade weil – die beiden naturgemäß nie persönlich zusammengekommen waren. (Liszt war, wie wir wissen: 1811 geboren, Liszt-Adorantin Olga jedoch erst im Jahr 1943.)

Die alte, violett ondulierte Dame, gerührt und just in der rechten, nämlich in einer durchaus über-romantischen Stimmung, in die sie in letzter Zeit übrigens immer wieder einmal verfiel, hatte sich beim genialen Tastenvirtuosen und Komponisten sogleich entschuldigt; entschuldigt dafür, jetzt, knapp vor ihrem Tod, den sie doch in den vergangenen Tagen und Nächten schon so überdeutlich nahen gefühlt, just nichts von ihm, sondern vielmehr das Impromptu in Fis-Dur (op. 36) von Frédéric Chopin auf- und angeschlagen zu haben …

Liszt, altersmilde (und auch schon über 125 Jahre tot), hielt nobel entgegen: „Kollege Chopin ist ja auch nicht schlecht … Außerdem: Ihnen, verehrteste Olga, würde ich sogar einen Robert Schumann zugestanden haben!“

Da war sie denn, halb eingeklemmt vom wuchtigen Klavierdeckel, aber ansonsten weitgehend beruhigt, entschlafen. Und ihre große Seele habe sich, fügte die Köchin Bertha Griensteidl hinzu (die allerdings zum Zeitpunkt des gräflichen Ablebens schon zu Bett gegangen gewesen war, längst tief geschlafen und deshalb nichts gehört hatte) sicherlich schon oben, zwischen den kerzenförmigen Glühlampen des entsprechend umgerüsteten venezianischen Lüsters gekringelt und gekräuselt!

Welch schönes Bild – passend zu Liszt wie zu Chopin, eigentlich. Und sogar zu Schumann.

Finden Sie nicht auch?!

Fortsetzung folgt!

 

Nassauer Finale.

Dass Maximilian Cicero Borneo seine finalen Jahre fristen würde in der halb-geschlossenen Abteilung der Nervenheilanstalt, die dem – als Privates Sanatorium durchaus exquisit geführten – Poly-Klinikum von Nassau auf den Bahamas angegliedert ist, mag befremden.

Doch geht der Krug nun einmal nur so lange zum Brunnen, bis er bricht; und irgend ein steter Tropfen höhlt schließlich einmal den Stein, an den der mythologische Feuerdieb Prometheus gefesselt ist; und außerdem: Irgendetwas bringt das Fass am Ende immer zum Überlaufen. Ach ja, besagter Tropfen … Oder etwa nicht?!“ (Das Zitat stammt aus dem Manuskript der zur Zeit noch unveröffentlichten Memoiren Borneos.)

Was dem Ökonomen, Betriebswirt und Autor Aaron Isaac Greyffszaan seine finale Börsendummheit, ist für unseren (ansonsten mit allen Wassern gewaschenen, windigen) Maximilian eben ein anderer finanztechnischer Fehler. Worum es dabei genau geht, das bleibt allerdings im Dunkeln; nur so viel: Um Schwarzgeld dreht es sich allemal. Um viel Schwarzgeld …

Die internationalen Behörden – sowohl Politik als auch Ermittler, Justiz und Finanz – sind Borneo schließlich doch noch auf die Schliche gekommen, und in glücklicher Erinnerung an einige gute (beinahe: weise) Ratschläge seines ehemaligen Volksschulkollegen Karl Roßmann, den – wie früher angedeutet – der Tsunami im Indischen Ozean von 2004 im Wortsinn dahingerafft hat, entscheidet sich der gewiefte Finanzgauner und potente Wirtschaftsjongleur, nunmehr vor die Wahl gestellt, nämlich: Gefängnis oder Irrenhaus, für letztere Variante. Zumal ihm die Chance winkt, sich im schönen Nassau seinen Lebensabend möglichst ruhig, komfortabel und bequem gestalten zu lassen. Dank der Nachfrage!

Und, bitte schön, böte ihm ein Leben außerhalb der Irrenhaus-Mauern, vielleicht ständig auf der Flucht und in permanenter Furcht vor der stets möglichen Enttarnung, tatsächlich ein Mehr an Freiheit als innerhalb der Anstalt?! Er jedenfalls entscheidet sich für die Sicherheit der Abgeschiedenheit.

Jetzt sitzt er zwar nicht direkt hinter Gittern. Und sieht Freiheit wirklich ganz anders aus?! Egal. Wenn Borneo hin und wieder an den Coup seines Freundes Karl Roßmann zurückdenkt oder in Aaron Isaac Greyffszaans „Nabelloser Gesellschaft“ blättert, denkt er zwar auch der Freiheit in diesen angeblich so guten alten Zeiten. Das hebt kurz seinen Gemütszustand und belebt seinen Sinn. Dann erinnert er sich indes, sein damaliges Leben sei weniger frei als vielmehr vogelfrei gewesen. Und das lässt ihn seinen jetzigen Zustand als geradezu glücklich empfinden. Ja, lächelt Borneo, er hat es gut getroffen …

Jetzt freilich hat er einiges vor: Er möchte nämlich hier, in Nassau, seine Lebenserinnerungen (allerdings sicherheitshalber über einen Schweizer Verlag) herauszugeben, die – kaum geschönt und zum Teil sogar für ihn selbst erstaunlich aufrichtig – den Werdegang vom Glücksritter und Kleingauner zum global tätigen Internet-Defraudanten und Malversateur im großen Stil schildern sollen. Da wird dann manches ins rechte Licht gerückt erscheinen; und vor allem: Er kann gleich dem antiken Phönix quasi rußlos der Finanzasche entsteigen!

Als typisch für den alten Max darf allerdings die Attitüde interpretiert werden, diese recht brisanten Memoiren nicht unter seinem eigenen Namen (als klänge Borneo nicht ohnedies schon exotisch genug!) zu edieren; nein, er borgt sich – noch dazu mit dessen Wissen und Billigung – für die Autorenschaft die Identität eines seiner Pfleger aus; nämlich Vor- wie Zunamen des zwar nicht besonders klugen, doch immerhin treuen Pedro Honduras (der eigentlich Harald Pröpstl heißt, aus Österreich stammt und sich mit dem berühmten Prinzen Eugen von Savoyen zumindest weitschichtig verwandt dünkt).

Noch ist sich unser Held freilich nicht ganz im Klaren, was den Titel seines Buches betrifft. „Mein Kampf“ sei leider schon vergeben, meint er mitunter spitzbübisch (obwohl dieser Buchname seinen Vater, den gestandenen Nazi-Gegner, nach so vielen Jahren und längst posthum vielleicht sogar gefreut hätte).

Doch auch so Wohl-Klingendes wie „Das Kapital“ oder „Der Untergang des Abendlandes“ gibt es schon. Und die von Pedro Honduras vorgeschlagene Benennung in „Der Schatz im Silbersee“ erscheint Borneo denn doch zu – albern …

Man wird sehen.

Dem alten, damals schon längst zum unumstößlichen Klassiker versteinerten Kulturdenkmal Johann Wolfgang von Goethe jedenfalls nicht unähnlich, der gemeinsam mit dem, sich alles Mögliche (sei es nun von Bedeutung oder auch bloß ein Furz) eifrig notierenden Johann Peter Eckermann durch die Landschaft Weimars getrottet ist, so spaziert auch Borneo, zusammen mit dem getreuen Pedro, durch die ausgedehnte Garten-architektonisch wohl-gelungene Anlage des Sanatoriums in Nassau, wobei er dem um einiges Jüngeren so manches Histörchen aus seinem langen, nicht eben an Ereignissen armen Leben erzählt. (Als er noch ein bunter Hund war …) Und was der Pfleger von dem versteht, was Borneo da von sich gibt, das gefällt ihm meistens auch recht gut. Was er nicht versteht, zugegeben: auch.

*

Sind sie nicht wie der ewig gegen alle Widrigkeiten ankämpfende edle Ritter von der traurigen Gestalt, der alte Don Quixote nämlich, und sein treuer dicker Knappe Sancho Pansa?“, fragt ein satt lächelnder weißhaariger Professor, rein rhetorisch, seinen wesentlich jüngeren Assistenzarzt, während sie, den Blicken von unten verborgen, weil hinter einem weißen undurchsichtigen Vorhang im Besprechungszimmer im ersten Stock mit Ausblick auf den Park stehend, das bizarre Paar da unter sich beobachten. Und der Assistenzarzt nickt, gleich devot wie unwissend, immerhin auch lächelnd, vor sich hin. „Gewiss, Herr Professor, gewiss …“

*

Nun, nicht alles, was Max da aus seinem Gedächtnis fischt wie aus einem Glückshafen auf dem Rummelplatz, ist wertloser Tand; obschon naturgemäß Talmi und Katzengold bei weitem überwiegen.

Doch wenn der alte Gauner seinem Gefährten Pedro zum Beispiel von der eleganten Gräfin Olga (Prunst-Guhselheim von Natternburg-Hoffstätten), von ihrem bizarren Großonkel Serge (dem unaussprechlichen Russen) oder von dem auf so tragische Weise zu Tode gekommenen Freund aus Volksschultagen, Karl Roßmann, und dem durchaus genialen niederländischen Ökonomen und Betriebswirt Aaron Isaak Greyffszaan sowie von dessen vergleichsweise auch nicht allzu leichtem Los erzählt, glimmt das alte Feuer wieder in ihm auf.

Ja, dann könnte sich Borneo durchaus vorstellen, noch ein paar internationale Idioten so richtig aufs Kreuz zu legen.

 

E N D E

Literatur (Auswahl):

Daron Acemoglu/James A. Robinson, Warum Nationen scheitern. Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut. 2. Aufl. Frankfurt am Main 2014.

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Bibliographisches Institut (Hg.), Weltbild Taschenlexikon in 10 Bänden. Mannheim 2006.

Max Brod (Hg.), Franz Kafka: Amerika. Frankfurt am Main 2007.

Kerstin Bund/Martin Kotynek/Stephan Lebert, Macht Geld unmoralisch? In: Die Zeit. 68. Jg. Nr. 18, 25. April 2013. Hamburg 2013.

Erwin Chvojka (Hg.), Theodor Kramer: Gesammelte Gedichte 3. Wien 1987.

Ders., T. K.: Lass still bei dir mich liegen. Liebesgedichte. Wien 1997.

Karl Dedecius (Hg.), Stanislaw Jerzy Lec: Das große Buch der unfrisierten Gedanken. Aphorismen. Epigramme. Gedichte. München 1971.

Marie von Ebner-Eschenbach, Aphorismen. Stuttgart 1988.

Umberto Eco, Die Fabrikation des Feindes und andere Gelegenheitsschriften. München 2014.

Hans Magnus Enzensberger (Hg.), Michel de Montaigne: Essais. (Erste moderne Gesamtübersetzung von Hans Stilett. Die andere Bibliothek.) Frankfurt am Main 1998.

Fischer Taschenbuch Verlag (Hg.), Der neue Fischer Weltalmanach 2013. Zahlen. Daten. Fakten Frankfurt am Main 2012.

Sigmund Freud, Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten. Der Humor. 5. Aufl. Frankfurt am Main 1999.

Ders., Totem und Tabu. Das Unbehagen in der Kultur. Köln 2010.

Egon Friedell, Kulturgeschichte der Neuzeit. Die Krisis der europäischen Seele. München 1927 ff.

Manfred Geier, Die Brüder Humboldt. 2. Aufl. Reinbek bei Hamburg 2009.

Henry Glass, Weltquell des gelebten Wahnsinns. Skurriles aus der Welt der Wissenschaft. 2. Aufl. Zürich 2009.

Aaron I. Greyffszaan, Die nabellose Gesellschaft. München 2010.

Vinzenz Hamp/Meinrad Stenzel/Josef Kürzinger (Hg.), Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testamentes. Augsburg 1994.

Stéphane Hessel, Empört Euch! 9. Aufl. Berlin 2011.

Adolf Hitler, Mein Kampf. Eine Abrechnung. Die nationalsozialistische Bewegung. 419. – 423. Aufl. München 1939.

H. H. Houben (Hg.), Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Leipzig 1939.

Internet.

Otto Kallscheuer (Hg.), Michael Walzer: Erklärte Kriege – Kriegserklärungen. Hamburg 2003.

János Kalmár/Mella Waldstein, K.u.K. Hoflieferanten Wiens. Graz – Stuttgart 2001.

Loriot’s Kleiner Opernführer. Zürich 2003.

Eduard Naschér, Handbuch der Geschichte der Weltlitteratur. Berlin 1902.

Hans-Joachim Neubauer, Fama. Eine Geschichte des Gerüchts. Berlin 2009.

N. N., Sonne, Kies und Mehr. In: Profil. 44. Jg. Nr. 15, 8. April 2013. Wien 2013.

Uwe Henrik Peters, Lexikon Psychiatrie, Psychotherapie, Medizinische Psychologie. 5. Aufl. München – Jena 2000.

Heinrich Pleticha (Hg.), Weltgeschichte in 12 Bänden. Gütersloh 1996.

Joseph Roth, Die Flucht ohne Ende. Ein Bericht. 6. Aufl. München 1988.

Peter Rychlo (Hg.), Europa erlesen: Czernowitz. Klagenfurt/Celovec 2004.

Rüdiger Safranski, Goethe. Kunstwerk des Lebens. München 2013.

Bernd Schmidt, Die Südsteirische Weinstraße. Zwischen Welschriesling und Klapotetz. Schleinbach 2010.

Ders., Trittenwein tritt ab. (Trilogie des Scheiterns, 2. Bd.) Graz 2011.

Gabor Steingart, Die neuen Feinde der Marktwirtschaft. In: Handelsblatt. Nr. 81, 26./27./28. April 2013. Frankfurt am Main 2013.

Klaus Thiele-Dohrmann, Eine kleine Geschichte des Klatsches. Der Charme des Indiskreten. Düsseldorf 1995.

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Rudolf Wagner (Hg.), Alma Mater Francisco Josephina. Die deutschsprachige Nationalitäten-Universität in Czernowitz. (Festschrift zum 100. Jahrestag ihrer Eröffnung 1875.) München 1975.

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Gero von Wilpert, Deutsches Dichterlexikon. Biographisch-bibliographisches Handwörterbuch zur deutschen Literaturgeschichte. 3. Aufl. Stuttgart 1988.

Günter Wöhe/Ulrich Döring, Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. 21. Aufl. München 2002.

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